Vorbemerkungen

Die Sommerferien bereisen M. Klemm. und ich mit dem Rad die Mitte Frankreichs, das Jura und Burgund. Michael reist mit seinem Trecking-Rad (Dreifachkettenblatt) mit Ortlieb Packtaschen und Lenkertasche; ich reise wie immer nur mit Lenkertasche:-)
Wir wollen die Gegend, Kathedralen und Klöster sowie die kulinarischen Köstlichkeiten und lokalen Getränke kennenlernen. Wieder reise mit einem Dictionnaire Allmand; das geht ganz gut.
Insgessamt fahren wir gut 1451 km und 14.000 Hm in 16 Tagen (Ø 90 km/Tag, max. 188, min. 9); das Wetter ist anfangs regnerisch und trüb, im Laufe der Reise bessert sich da; es ist aber durchweg nicht sommerlich warm.

Frankreich 2007:
Jura & Burgund

Anreise

18.+19.8.: Von Landeck starte ich mit einem Freund aus München über den Arlbergpaß. Vor Bludenz trennen sich unsere Wege und ich fahre über Rapperswil - sollte ich hier nicht übernachten? - Richtung Zürich; übernachten tue ich nach 188 km - nach dem ITT Fürth im Rahmen der Deutschlandtour! - in Horgen, wo am Zürichsee der Urlaub beginnt. Über Zürich fahre ich nach Basel, wo ich M. Klemm. treffe, mit dem es dann weitergeht ...

Jura

19.-23.8.: ... nach Miecourt (CH), wo unsere Räder vor dem Hotel lehnen. Bei wechselhaftem und sehr kaltem Wetter (10 Grad!) geht es an der Corniche du Jura entlang und durch das Doubstal (hier Goumois), wo wir mehrfach die Grenze der Schweiz und Frankreichs überqueren. Das Tal ist recht nett und abwechselungsreich, bietet Auffahrten an Felshängen und Ausblicke in's Tal (hier auf Goumois). Als Abkürzung nehmen wir ein gesperrtes Stück Straße, welches früher wohl mal die alte Straße war, aber aufgegeben wurde. Dann wechseln wir wieder über die Doubs ein letztes mal in die Schweiz, um bei abendlichem Sonnenschein - was tut man nicht alles für ein tolles Kuhphoto:-) in les Pargots kurz hinter der Grenze nach Frankreich ein Hotel zu beziehen. Ein Hotel zu finden war meist - später dazu mehr! - nicht schwer, immer haben wir auch sofort ein Zimmer bekommen.

Der nächste Tag hielt morgens einen trüben Himmel, Kälte und Regen bereit, so daß wir uns für eine Bahnfahrt durchs Doubstal - man beachte die Regentropfen! - mit optimaler Nutzung für einen Reifenwechsel und weiter nach Besancon für eine Stadtbesichtigung entschieden haben: Hier gibt es die große Zitadelle des Befestigungsbaumeisters Vauban, die wir uns auch von der Unterstadt aus angesehen haben. Von dort ging es unter der Zitadelle durch den Tunnel der Doubs, der auch eine Schleuse hat. Von der großen Doubsschleife hat man einen klasse Blick auf die befestigte Stadt samt Zitadelle. Im Schleifenbogen liegen die großen ehem. Getreidespeicher der Stadt. Auf der anderen Seite der ehem. Speicher liegt ein schöner verkehrsberuhigter Platz.

Petit dejeuner im Hotel, ... mit Comte, den Käse der Region. Dann geht es ohne Regen nach Südosten, zuerst wieder am Doubs entlang, dann an der Loue. Dort kommen wir an der großen Sehenswürdgkeit der Saline (Royale Saline Arc et Senans) vorbei. In dieser großzügigen Anlage wurde früher Salz gewonnen aus einer salzhaltigen Quelle. Weiter in der Ebene suchen wir ein Restaurant für einen Mittagsimbiß, aber das gestaltet sich als schwieriger als wir dachten; bei der nächsten Gelegenheit in la Ferte schlagen wir zu: Obwohl das Restaurant in 5 Minuten schließen sollte, bekommen wir noch Essen. Wir bestellen ein Fondue aus Comte! Dabei erfahren wir, daß der gesamte Sommer in der Region nicht so gut ausgefallen ist und die Touristen in großen Massen weggeblieben sind.

Nach etwas leichtem Sprühregen bei der Saline bessert sich das Wetter zusehends, als wir in die erste Weinregion kommen: Wir nähern uns aus der Ebene kommen einer Berg- oder besser Hügelkette. Das Weinlaub hat sich schon herbstlich verfärbt in dieser landschaftlich schönen Gegend. Hier folgen wir der "Route des Vins": Gerade in diesem Seitental bei Chateau Chalon gedeiht der Wein prächtig! Abends erreichen wir Lons le Saunier: Hier übernachten wir und wählen in Ermangelung einer wirklichen Alternative ein chinesisches Restaurant; hier lassen wir uns zu typischen Reisgerichten einen typischen Burgunger Wein schmecken aus Arbois, wo wir 10 km zuvor vorbei gefahren sind.

Am nächsten Tag fahren wir weiter Südsüdost auf Bourg en Bresse zu, auf einer Hügelkette mit Abbruchkante in eine Ebene, die wir uns vom Ort St. Laurent la Roche. Auf kleinsten Straßen - oft genug unbefahrensten C-Routen - fahren wir abseits der Verkehrs und schauen uns von einem Aussichtspunkt bei Andelot die Hügelregion an, bevor wir wieder in Richtung Ebene unterwegs sind und einen spektakulären Blick genießen! Dann erreichen wir die Stadt Bourg en Bresse, schauen uns die aus dem Mittelalter verbliebenen Fachwerkhäuser an und am Schluß fahren wir noch zum Monastere Royal de Brou mit seiner eindrucksvollen Kathedrale! Diese sehr schöne Anlage hält neben der Kathedrale noch das alte Kloster aus dem frühen 16. Jahrhundert bereit, hier der dritte Kreuzgang mit Kirchturm im Hintergrund. Dir Kathedrale ist zweigeteilt: Neben dem verschwenderisch ausgestattenen Chor, hier das Chorgestühl, wird durch den künstlerisch gestalteten Lettner das in seiner Schlichtheit kaum zu übertreffende Kirchenschiff abgetrennt. Da wir aber nicht Bourg sondern in Macon übernachten wollen, wartet das Gios schon ungedultig an der Kirchenmauer gelehnt.

Macon erreichen wir am Abend, die zeitintensiven Besichtigungen forden ihren Tribut, und überqueren auf einer alten und einmal überbauten - man erkennt die überbauten Bögen deutlich! - Brücke die Saone. Nach dem Einrichten im Hotel gehen wir an einem kleinen Platz im Restaurant essen, dazu gibt es Weine aus der Macon-Region.

Burgund, nordwärts ...

24.-29.8.: Bis Paray-le-Monaial stehen heute zwei herausragende Zeitzeugen auf dem Programm: Zuerst fahren wir über eine kleine Hügelkette (500 m) Richtung Nordwest nach Cluny: Hier stand einmal die "mächtigste Benediktinerabtei des Abendlandes". Die Fläche des mit einer Mauer umgebene Gelände des ehem. Klosters nimmt noch einen großen Teil der heutigen Stadt ein! Die Bedeutung des Klosters war deshalb so groß, weil das Kloster mit all seinen Außenstellen direkt dem Pabst unterstellt war! Wir fahren durch den verkehrsberuhigten Teil der kleinen Stadt und suchen den Eingang zur Klosteranlage, den wir dann auch finden: Linkerhand hinter dem Eingangstor ein Gebäude früherer Äbte. Der Durchblick rechterhand auf die Hügelkette markiert den Platz, wo früher die Klosterkirche gestanden hat: Nach der franz. Revolution wurde sie zum größten Teil abgerissen, so daß heute nur noch der rechte Teil des Querschiffs (mit Weihwasser- und Uhrturm) steht. Innen läßt sich das gigantische Ausmaß der gesamten Kirche erahnen: Mit einer Höhe von 31 m stellt es das höchste romanische Gewölbe der Welt dar! Hier ein Blick in die Seitenkapellen des Querhauses.

Nach einem Mittagessen in Cluny machen wir uns auf den Weg nach Norden zum nur 13 km entfernten Cormatin: Hier erwartet uns ein altes Chateau, welches ein für damalige Zeit "modernes" Treppenhaus und originale Inneneinrichtung (hier das Zimmer) der Zeitepoche bereithält! Außen ist es gänzlich von einem Wassergraben umgeben; anschließen tun sich auch noch Gartenanlagen.

Abends erreichen wir - zum Schluß entlang des Canal du Centre - Paray-le-Monial, steigen im "Grand Hotel de la Basilique" ab: Und dies ist auch schon ein Fingerzeig auf das Programm für den nächsten Tag! Beim abendlichen Gang zum Restaurant erhaschen wir schon einen nächtlichen Blick auf die Basilika.

Diese Basilika soll besonders reinen romanischen Baustil aufweisen: Runde Fensterbögen und harmonische Formen des Chors (links): Die Höhe des Chorumgangs ist perfekt auf den Chor und die Chorkapellen abgestimmt, die in harmonischen Rundungen aufeinander folgen. Überrascht hat mich dieser verzierte Seiteneingang (der mich an maurische Kunst aus Granada oder Cordoba erinnert), da sich ja die Verzierungen ansonsten eher im Rahmen gehalten haben. Der Innenraum ist durch einen Totalanstrich in meinen Augen komplett "entwertet", auch wenn er früher mal so ausgesehen haben sollte; die Krone ist aber die Rauchabzugshaube über den Kerzen!

Nach dieser Besichtigung wartet schon das Gios wieder ungeduldig auf die Straße:-) Und es gibt ein "Geschenk" an meinen Mitfahrer M. Klemm.: Wir folgen dem Canal du Centre 40 km nach Nordosten. Obwohl es recht flach zur Sache ging, kam kein Geschwindigkeitsrausch auf, denn wir waren uns nicht zu schade - wie hier in Palinges - mal eine eine Pause in den am Wegesrand liegenden Bars zu machen, ... mit Blick auf den Canal. Dazu gab es dann meist einen Vin blanc der Region, der in der prallen Sonne natürlich so lange kühl gehalten werden mußte wie möglich! Auf dem Weg nach Montceau-les-Mines, einer alten Bergbaustadt, kommen wir in Genelard an einer alten Fabrik vorbei, die sich im Hintergrund spiegelt. Am Canal ist es wirklich entspannt: Kaum Verkehr, der Canal wird immer wieder durch eine Schleuse unterbrochen und die Charolais-Rinder grasen auf den Weiden. Kurz vor Montceau-les-Mines kommen wir dann auch an alten Industrianlagen vorbei wie dieser alten Kokserei(?) und dieser alten Kraftwerkshalle(?), die neben einem neueren Kühlturm steht. Nach einem Mittagessen in der Stadt verlassen wir den Canal du Centre und fahren in der Exclave des "Parc naturel regional du Morvan" zum Signal d'Uchon, einem Aussichtspunkt mit toller Rundumsicht! In der Auberge stärken wir uns dann bei lecker Kuchen und einem Kaltgetränk, bevor es recht hügelig (mit z.T. 18%! Zum Glück von M. Klemm. nur bergab:-) mit schöner Aussicht auf Autun zugeht. Abends gehen wir noch am Platz der Kathedrale essen, in die wir dank einer Nachtöffnung auch noch einen Blick werfen (Chor). Probleme bei der Zimmersuche gab es nur insofern, daß eines der Hotels ausgebucht war und wir in dem benachbarten Hotel unterkommen mußten. (Ein anderes Problem der Zimmersuche hatten wir noch ganz anderer Art, dazu später aber mehr ...)

Nächsten Morgen fahren wir noch bei Relikten der Römerzeit vorbei: Zum einen beim Amphitheater, und zum anderen bei einem der alten Tore der Stadtbefestigung. Auf unserem weiteren Weg wieder in den "Parc naturel regional du Morvan" folgen wir kleinsten Straßen mit dem Ergebnis, daß die Ort und Dörfer so klein sind, daß es dort keine Möglichkeit der Einkehr gibt, geschweige denn ein Restaurant! Die Gelegenheit für ein Glas Wein in Menessaire nutzen wir gerne, um etwas später in Alligny-en-Morvan trotz der Nachmittagsstunde gut zu essen (Mandelforelle).

Nach der Übernachtung in Saulieu (wo wir abends auch wieder gut gegessen hatten) fahren wir wieder durch den "Parc naturel regional du Morvan"; diese Fahrt ist abwechslungsreich und nett - mit Dolmen, wobei das Rad schon wieder mit den Hufen scharrt und Pause in Dun-les-Places - und weiter am Stausee, wo wir in Plainefas eine - ungewollt - längere Pause machen in einem einsamen Restaurant am Wegesrand, wo wir wieder gut Forelle gegessen haben. Später erreichen wir dann das Privatschloß von Vauban in Bazoches: Wir besichtigen die alten Gemächer und nachdem wir einige Kreise gefahren haben um die beste Photoposition zu finden, fahren wir weiter nach Vezelay: Hier schauen wir uns die auf einem Hügel gelegene (und zu einer ehem. Benediktinerabtei gehörende) Kathedrale an, die wir auf einer ansteigenden und von alten Häusern aus dem Mittelalter gesäumten Straße erreichen. (Vom Vauban-Schloß in Bazoches war sie schon in der Ferne zu sehen.) Von hier aus brachen große Pilgerströme und -reisen nach Santiago de Compostela auf dem französischen Jacobsweg auf.

Durch einen fast schlichten Eingang erreichen wir durch die Vorhalle das eigentliche Kirchenschiff und den Chor. Die ganze Kirche wirkt sehr aufgeräumt auf mich, die klaren Formen und naturbelassenen Materialien faszinieren mich (im Gegensatz zur Kathedrale in Paray-le-Monial)! Vom Hügel, auf dem die Kathedrale steht, haben wir einen netten Blick zurück über St. Pere das Cure-Tal entlang bis nach Bazoches ...; nett schon, aber nicht aufregend. Abends machen wir uns dann auf nach Avallon (was sich nachher als Fehler herausstellen soll): Im Abendlicht werfen wir einen Blick zurück nach Vezelay. Im Gegensatz zu Vezelay bietet Avallon kaum ein schönes Hotel oder eine interessante Innenstadt! Wären wir doch bloß im schönen Hotel in Pontaubert eingekehrt! Naja, die Fahrt im Vallee du Cousin ist ganz schön, mittlerweilen aber schonr echt kalt. Die Hotels im Tal lassen wir deshalb rechts liegen. Die Auffahrt zur Altstadt ist steil und bietet oben einen Rückblick in's Tal; ein paar alte Straßenzüge bilden die Altstadt (ohne Hotel) während der neuere Teil beliebig häßlich ist und eine schwer zu durchschauende Infrastruktur bietet. Naja, wir finden genau ein Hotel und ein Restaurant, was unseren Ansprüchen genügt.

Am nächsten Morgen sehe ich diese Fassade; faszinieren tut mich die Gesamtkomposition: Die quadratischen Glasscheiben, die eleganten langgestreckten Fenster, die wechselnden Fensterstürze, die rythmisch wiederkehrenden Ornamente; selbst der Kellerzugang nimmt die Bandstruktur des Sockels auf. Dann machen wir uns - wie möglichst immer! - auf kleinen und kleinsten Straßen, die durch Wegweiser beschildert sind, die schon mal bessere Zeiten gesehen haben:-)

Nach einem zweiten Frühstück in Chatel-Censoir (sehr nett!) folgen wir dem Canal du Nivernais und der Yonne, die dem Bezirk den Namen gibt. Hier ist es streckenweise sehr nett am Canal mit den Rochers du Saussois, welche schon eine Sehenswürdigkeit darstellen! Bei der Ortsdurchfahrt entscheiden wir uns spontan zu einer Pause - es gibt Baguette mit Käse der Region und Vin blanc - in Bazarnes (eine gute Gelegenheit, etwas über Auxerre im Reiseführer nachzulesen). Weiter im Yonne-Tal kommen wir an diesen Befestigungsposten vergangener Tage vorbei. In Vaux, einem kleinen elegischen Ort, überqueren wir die Yonne, um etwas später Auxerre zu erreichen. Hier übernachten wir und machen am nächsten Morgen einen Rundgang vorbei an historischen Fachwerkhäusern des Hafenviertels zur Kathedrale: Hier der Eingangsbereich und das Seitenschiff mit Chorumgang (hinten). Das Wetter ringt sich zwar zu Sonne durch doch wir verweilen nicht lange und fahren zu unserem nördlichsten Besichtigungspunkt unserer Tour durch das Anbaugebiet des Chablis, zum Kloster Pontigny! Dieses bietet eine äußerst schöne Kirche, welche durch ihre Schmucklosigkeit beeindruckt (im typisch Cluniazensischen Stil), welches schon bei der Vorhalle anfängt: Kapitelle sind völlig schlicht, deuten manchmal nur eine Blattform an, die Säulen nicht verziert, gedreht oder kanelliert, die Flächen unverputzt und nicht ornamentiert! So geht es im Innern weiter: Kapitelle, Wandflächen, Säulen im Hauptschiff (alleine der Lettner mit Chorgestühl ist später eingezogen worden). Ein Blick vorbei an der (nachträglich) eingezogenen Orgelempore in das Gewölbe des Hauptschiffs und zurück zum Eingang mit Orgel. Sehr schön sind auch die lichtdurchfluteten Fluchten vom Chorumgang das Seitenschiff entlang: Die Materialien strahlen eine Würde und die Formen eine Wohlproportioniertheit aus wie sie nur ganz selten ist!

Burgund, südwärts ...

29.8.-30.8.: ... werden wir aber schnell von der Realität eingeholt in Form von den ultraschnellen TGVs (auch in Doppelstockbauweise!), dessen Trasse wir öfters folgen. Bald verlassen wir aber die TGV-Trasse und schlagen uns an den Canal de Bourgogne: Wir erreichen Tonnerre und wollen dort etwas essen oder übernachten. Die Stadt ist aber so häßlich und wir finden nichts, daß wir am Canal erstmal weiter nach Südosten fahren und Tanlay erreichen: Hier sehen wir uns das Chateau de Tanlay vom Garten aus an. Leider gibt es keine Möglichkeit zu übernachten, so fahen wir weiter und erreichen bald Pacy-s-Armancon: Hier gibt es ein Restaurant, welches auch drei Zimmer vermietet. Wir entschließen uns zu bleiben (obwohl die Zimmer nicht im Haupthaus, sondern "im Garten über den Garagen" untergebracht sind). Aber der Abend im Restaurant entschädigt für alles und es soll die beste Übernachtung mit der besten Atmosphäre und sehr gutem Essen sowie Wein und Gastfreundschaft werden! Abends sitzen wir auf der Terasse des Restaurants - welches ein kompletter Familienbetrieb zu sein scheint! - und lassen uns ein paar Gläser Vin blanc schmecken. Zum dann folgenden Abendessen werde wir gefragt, ob wir die Flasche nicht weitertrinken wollen, das würde günstiger. Es wird uns Beouf Bourgingon zum Abend angeboten, wir sagen dankend zu! Dazu gibt es dann noch einen ausgezeichneten Rotwein (der nicht ganz billig ist)! Abends "füllt" sich das Restaurant in diesem kleinsten Ort mit 4 Tischen und ganz normalen Gästen, der etwas skurril anmutende Koch kommt ab und zu aus der Küche und vergewissert sich, daß es den Gästen schmeckt, es entsteht eine sehr angenehme und freundliche Atmosphäre ... Zum Dessert haben sie sogar noch einen süßen Dessertwein (wie schon bei unserer ersten Übernachtung in der Schweiz), der an der Bar eingenommen wird und wo wir noch mit anderen Gästen ins Gespräch kommen.

Am nächsten Morgen frühstücken wir im Restaurant, wo auch die Gastleute mit ihrer Tochter frühstücken. Solch eine Atmosphäre wie in dieser Herberge haben wir auf der ganzen Radtour nicht mehr angetroffen!

Für uns geht es dann mit phantastischem Wetter zuerst durch das Tal des Armancon am Canal de Bourgogne mit seinen Schleusen bei Cusy entlang zum Chateau in Ancy-le-Franc, einem recht monumentalen Schloß (italienischen Stils?). Vor Ravieres haben wir dann einen schönen Blick vom Hochufer des Canal auf eine der Schleusen, von denen wir dann etwas später eine Schleuse mit Muskelkraft in Betrieb sehen können. Am Hafen von Ravieres - wo es wohl einen Steinbruch gibt ganz in der Nähe des Canals - sehe ich dann diese bebilderten Hinweise, wie man denn mit seinem Boot auf dem Canal fahren sollte, um Radfahrer und Angler nicht zu gefährden:-) Offensichtlich gibt es nicht nur einen Steinbruch, denn der Canal war damals die einzige Transportmöglichkeit über lange Strecken.

Nachdem wir dem den Canal begleitenden nicht staubfreien Radweg gefolgt sind, dürstet uns und wir kehren in der Dorfschänke im Ort Perrigny ein, wo die Stammgäste schon längst versammelt sind. Etwas weiter dem Canal folgend erreichen wir Montbard - dort speisen wir gegenüber dem TGV-Bahnhof! - und machen einen Abstecher zur Abtei von Fontenay: Eine jetzt äußerst gepflegte Anlage, die eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat! 1118 als eines der ältesten Zisterzienserklöster gegründet (vgl. die ehem. Abtei Silvacane und Zisterzienserabtei Senanque im Reisebericht Provence). Nach Wohlstand und französischer Revolution wurde sie in eine Papierfabrik umgewandelt und nach Renovierungsarbeiten in ihren Originalzustand versetzt. Direkt nach dem Eingang präsentiert sich die Kirche hinter dem Palast der Kommendataräbte (vom König eingesetzte Äbte). Das Innere lebt auch hier wieder durch Raum- und Lichtwirkungen (Seitenschiff; schmucklose Säulen, Kapitelle und Steinflächen: Vgl. Silvacane). An das Kirchenschiff schließt sich der Kreuzgang, den den wiederum der Kapitelsaal mit seinem Gewölbe und den an Blattornamenten erinnernden Kapitellen an. Daneben imponiert noch die große Schmiede auf dem Gelände. Ein wirklich imposantes Ensemble, welches sich in seiner Klarheit und Reinheit mit dem in Pisa messen kann: Friedhof, Taufkapelle, Dom und Glockenturm dort!

Auf unserem weiteren Weg nach Süden diesen Tag fällt Michael noch das Chateau Bussy-Rabutin auf, welches von einem Wassergraben umgeben ist. Die Zufahrt und die Fassade lassen Prächtiges vermuten: Wir sind aber zu spät, können gerade noch einen Blick in die Küche aus dem 18. Jhdt. erhaschen sowie den mich an andalusische Gestaltungselemente erinnernden Garten besichtigen. Anschließende wechseln wir über einen kleinen Bergrücken das Tal und machen uns auf Herbergensuche: Leider gestaltet sich das erstmal als sehr schwierig; abseits der Touristenströme und in Ermangelung von größeren Orten folgen wir erfolglos dem Oze-Tal. In Verrey wird uns von einem Hotel im 10 km entfernten Blaisy erzählt ..., welches es zwar gibt aber wegen Umbauarbeiten geschlossen ist; nur im geöffneten Restaurant erfahren wir von zwei Hotels im nochmals 9 km entfernten Somberon (an der Autobahn gelegen). Mittlerweilen ist es dunkel und wie immer mit Versinken der Sonne schlagartig kalt, zudem geht es nochmals einen Bergrücken hinauf, die Stimmung ist nicht gerade blendend. Und zu allem Unglück erreichen wir das Hotel (ich etwas früher, Michael etwas später) zu spät, um noch im Restaurant essen zu können. Es ist mittlerwielen 21 Uhr und wir müssen mit der Creperie Vorlieb nehmen. Naja, da von uns beiden noch nie einer Crepe gegessen hat, ist es zwar ganz interessant, richtig satt werden wir aber erst nach deren drei! Aber immerhin müssen wir nicht hungrig aufs Zimmer gehen ...

Die Cotes

31.8.-2.9.: Den nächsten Tag geht es erstmal an Sonnenblumenfeldern (und Remilly) vorbei hinab ins Ouche-Tal, welches auch den Canal de Bourgogne beherbergt. Dem Tal folgen wir, es ist nicht allzu aufregend. Erst als wir auf Beaune und später auf Meursault (von wo wir öfters guten Wein getrunken hatten) zufahren, wird es etwas interessanter. Leider bleibt das Wetter bedeckt, richtig sommerlich ist es nicht, zudem es auch nicht allzu warm ist. In den ersten Weinorten der Hautes Cotes de Beaune wollen wir essen, wir sind aber gerade in der kritischen Zeit zwischen 14 und 18 Uhr unterwegs. Allerdings fahren wir in St. Romain an einer Faßmacherei vorbei, die uns Einblick gewährt in den kompletten Herstellungsprozeß: Außerhalb werden große Mengen von Holzplanken gelagert. Diese werden im eigenen Sägewerk vorbereitet (hinten), dann mit einem ersten und zweiten Ring in eine unten offene Faßform gebracht (Mittelgrund). Im Vordergrund ist zu sehen, wie diese Faßformen innen erhitzt werden. Mit einer hydraulischen Maschine (ganz links) werden die unten offenen Faßformen zusammengedrückt und mit einem Ring versehen; im Hintergrund sieht man, wie die fertigen Fässer mit weiteren Ringen versehen und innen ausgebrannt werden. Die fertigen Fässer warten dann auf den Abtransport und Einsatz in der Region.

Wir sind hier am 1. September unterwegs, dem Datum, wo scheinbar die Weinlese beginnt: Und so sehen wir bei unseren Fahrten durch die Weinberge immer wieder Helfer bei der Weinlese, die die Trauben dann auf die Transporter kippen. Vielleicht wegen des Wetters halten sich Touristenansmmlungen in Grenzen im Weinort Meursault. Am nächsten Tag fahren wir weiter nach Beaune, wo wir uns das Hotel-Dieu, ein uraltes "Krankenhaus für Arme" ansehen, welches fast komplett aus dem Mittelalter erhalten ist und bis in's Jahr 1971 seinen Dienst verrichtet hat. Beeindruckend ist der der "Große Armensaal" mit Gewölbe, welches an einen umgedrehten Schiffsrumpf erinnert. Eingeweiht wurde er 1452! Etwas luxuriöser war dann schon der sog. "Saal Saint-Hugues": Hier wurden Kranke von gehobenerem Stand untergebracht. Eingeweiht wurde er 1645. Auch hier hat mich die Küche mit all ihrer Rafinesse beeindrucke, wie z.B. dem automatisch rotierenden Drehbratspieß aus dem Jahr 1698!

Wir verlassen Beaune - nicht ohne gut gespeist und lecker Wein der Region verköstigt zu haben - und fahren die Cote de Nuits durch die Weinberge, wo wir in den Orten die Tätigkeiten der Weinlese beobachten können und phantastische Chateaus als Weingutsitze bestaunen! Die Cote d'Or genau wie die südlichere Cote de Nuits und Cotes des Beaune (und Hautes des Cote de Beaune) stellt nur einen paar hundert Meter schmalen Hang dar, an dem Weine offensichtlich gut gedeihen. Wir verlassen diesen Hangstreifen und machen einen Abstecher nach Osten zur Abbaye de Citeaux, einer ehem. blühenden Klostergemeinschaft der Zisterzienser. Diese wurde unglücklich zwischenzeitlich geschliffen (enteigent und an Spekulaten verkauft), jetzt aber wieder mit ein paar Ordensbrüdern zum Leben erweckt. Da die Führungen zeitlich ungünstig liegen, sehen wir nur von weitem die im Reiseführer gepriesenen mit Fliesen verkleideten Fassade der ehem. Bibliothek. Wir fahren zurück zum Weinhang und direkt zum für Weinkenner berühmtesten Chateau (welches früher auch zu Citeaux gehörte und den klostereigenen Weinberg verwaltete): Dem Clos de Vougeot!

Jetzt ist es nicht mehr weit bis Dijon: Hier beenden wir die Radtour mit einer Besichtigung und reisen mit dem Zug zurück nach Frankfurt bzw. Garmisch-Partenkirchen. Besonders gefällt mir die Fassade mit ihren Blendarkaden der Kirche Notre Dame. Wiedersehen tuen wir auch den Canal de Bourgogne (hier der Hafen). Die französische Küche genießen wir wieder in vollen Zügen, z.B. mit Oeuf en meurette, dazu einen Vin rouge in einem Restaurant, welches nach 21 Uhr keine Gäste mehr einläßt: Der Koch ist gleichzeitig Empfang und Bedienung!

Fazit

So bleibt vom Burgund einiges im Gedächtnis: Nette Landschaft, sehr guter Wein und exquisite Küche, perfekt präsentierte Klöster und Kathedralen, alte und uralte Orte, beschauliches Reisen entlang der Kanäle; bisweilen dämpft nur das z.T. ungemütliche Wetter (10 Grad und Regen) die Empfindungen und Eindrücke, die Landschaft ist weniger abwechslungsreich als gedacht. Aber Pacy ist nochmal eine Reise wert!

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