Das Alpen-Radtour (4) Wochenende

Reisebericht: München - Venedig (3 Tage)

A.S.: Ausrüstung und Bewertung der Pässe vgl. die Alpentour im Jahr 2002 (Prolog/Vorbemerkung).

1. Tag (28.3.03): München - Schönberg im Stubaital (163 km)

Es geht gegen 11:00 los in der Klenzestraße (520m). Schönes sonniges Wetter begleitet mich aus der Stadt heraus. Zuerst geht es durch den Perlacher Forst und über kleine Dörfer nach Großdingharting [Sic! Es gibt auch Kleindingharting!] An der Isar entlang erreiche ich Bad Tölz. Hier schaue ich mir die sehenswerte Innenstadt an. Es ist ideales Radfahrwetter!
Über die Dörfer - versehentlich folge ich einem Radwegweiser in Richtung Lengries: Dieser führt mich zuletzt über grobschottrige sog. Forst-Highways; an einer Eiskante muß ich dann sogar ganz schnell aus dem Pedal raus! - komme ich bei Fleck dann auf die B13, der ich zum Sylvensteinstausee folge. Dabei geht es durch immer noch verschneite Waldstückchen, deren Passage daran erinnert, als würde die Kühlschranktür offen stehen. Am Sylvensteinstausee geht es auf fast leerer Straße - die Mautstraße nach Wallgau ist bis 7.4. wochentags gesperrt:-) sehr nett nach Vorderriß. Hier ist die Mautstraße wirklich gesperrt, doch nur für KFZ. Radfahrer können bequem passieren. Dies ist wirklich eine sehr schöne Strecke: Nette Vegetation, leicht hügeliges Gelände und immer schön an der Isar entlang.
Auf der B11 mach' ich in Krün (875m) Mittagspause, leider ziehen jetzt leichte Wolken auf und nach Mittenwald erreiche ich den Scharnitzpaß (955m -/-/- -), welcher eigentlich gar kein Paß ist (es stehen dort nur ein paar verlassene Zollgebäude), denn danach geht es bis Seefeld (1200m) weiter z.T. kräftig bergan. Nach Seefeld allerdings sind ca. 10 km Abfahrt in's Inn-Tal angesagt! Zuerst geht es mit 6, dann 8 und zuletzt 16% runter. Dabei ist die Strecke - natürlich - größtenteils für Fahrradfahrer gesperrt:-( Aber wen stört das schon, wenn man mit knapp 85 km/h selbst die Autos überholen würde:-)
Innsbruck erreiche ich dann am späten Nachmittag, quere die Stadt bei mäßigem Verkehr und verlasse sie sodann nach Süden in Richtung Brennerauffahrt. Und tatsächlich geht es hinter der Stadt erstmal bergauf in paar Serpentinen:-| Dann schlängelt sich die Strecke am Berg hinauf, aber immer schön moderat. Unter der Europabrücke durch wird es dann etwas kurviger und landschaftlich schöner, auch nimmt der Verkehr fast bis auf den Nullpunkt ab!
Gegen 18:00 erreiche ich Schönberg im Stubaital (ca. 900m). Dort bekomme ich nach einigem Nachfragen im Hotel Stubaital noch ein Zimmer: Denn es ist Skisaison - damit hätte ich ja gar nicht gerechnet! - und die vollbesetzten Busse belegen alle Doppel-, die Busfahrer alle Einzelzimmer.

2. Tag (29.3.03): Schönberg im Stubaital - Predazzo (156 km)

Der Tag hat sich für Sonne entschieden;-) Nach einem guten Frühstück mache ich mich auf den Anstieg zum "Paß": Da ich mich nicht warmfahren kann, freue ich mich über die erstmal kaum ansteigende Strecke bis Matrei. Die Sonne wärmt alsbald auch schon kräftig, so daß ich in kurz/kurz fahren kann. Nach Steinach wird die Landschaft etwas reizvoller und 2 km vor dem "Paß" geht es dann für 1 km mal richtig zur Sache. Was mich dann am "Paß" erwartet, hatte ich gar nicht mehr so richtig im Gedächtnis: Eine 12-spurige Autobahn-Mautstelle, eine 10-gleisiges Rangiergelände der Bahn, eine touristisch überlaufene und ausgeschlachtete Stadt und viele verlassene Grenz- und Zollgebäude:-( Häßlicher geht es nicht.
Für das obligatorische Paß-Photo halte ich nicht an und ich werde beim Brenner (1374m */-/-) auch in Zukunft nicht mehr von einem "Paß" sprechen, denn weder die Auffahrt, der "Paß" selbst noch die Abfahrt sind irgendwie erlabend (wenn man schon z.B. den Albula, den Gr. St. Bernard oder den Galibier gefahren ist)! Mit seinen 1374m ist er eigentlich auch nicht der Rede wert. Ohne irgendwie von Interesse zu sein geht es in Italien jetzt über Sterzing, Franzensfeste (tolle Festung, leider nicht gut in Schuß:-| Brixen und Klausen bergab. Dabei lohnen die Ortsdurchfahrten, denn diese sind für Autofahrer gesperrt und für Radfahrer durchweg frei: Es laden Cafes und Gelaterien in den sehr schönen Innenstädten - bei den Ortseinfahrten hätte ich das nicht vermutet! - zum Verweilen ein.
In Klausen (523m) stärke ich mich bei einer Pizza für die nun folgende Auffahrt zum Passo di Sella. Irgendwie war ich mir den damit verbundenen Höhenmetern nicht im Klaren: Denn davon gibt es jetzt reichlich, genau 1721 Hm! Aus Klausen geht es jetzt erstmal ruppig heraus, um dann in eine moderate Steigung überzugehen. Schnell gewinne ich an Höhe und lasse das Tal unter mir verschwinden. Dann biegt die Straße nach Osten (links) ab mit einem schönen Blick in das Eisack-Tal mit paar Burgen im Dunst. Es handelt sich um eine kleine zweispurige Straße mit sehr schöner Landschaft und zwei kleinen Tunnels. Bis St. Ulrich (1240m) schlängelt sich die Straße reichlich mit schöner Aussicht rechts in das Val Gardena. Danach folgt bis St. Christina ein recht flaches und langweiliges Stück, nur um danach wieder kurviger anzusteigen. Und bei der Durchfahrt durch das Ski-touristisch geprägte Wolkenstein - es dröppelt ein bißchen bei gleichzeitiger Sonne mit scharfem Schatten - mit tollem Blick auf den im oberen Teil in Wolken gehüllten Langkofel (3181m) ziehe ich mir Handschuhe und die orange leichte Fahrjacke über. Mit tollen Ausblicken auf die schroffen Felsformationen geht es nach dem Ortsausgang mit ruppigen Anstiegen weiter, nur am Abzweig zum Passo di Gardena vorbei wird es etwas flacher, immer nett mit kontinuierlicher Steigung. Paar großzügige Serpentinen folgen jetzt, die Straße schlängelt sich um Höhe zu gewinnen und bei mir macht sich die dünner werdende Luft bemerkbar:-| Da sollte man Reserven haben! Das Gelände ist übersichtlich, so plane ich eine Getränkepause an der ca. 1000m vor dem eigentlichen Paß gelegene Refugio Passo Sella. Dort sitze ich nett in der Sonne draußen und genieße das Alpenpanorama. Doch kurze Zeit später schon nehme ich die letzten Serpentinen (im Hintergrund rechts die Paßstation) unter die Räder.
Am Passo di Sella (2240m ***/***/**) scheint die Gaststätte offen, nur draußen sitzen kann man nicht. Und offensichtlich ist ein Stück vom Paß abgerutscht, jedenfalls ist die Straße baustellenartig verschmälert abgetrennt und ein Paßschild fehlt vollkommen (abgerutscht?). Ich ziehe mich nur warm an und mache mich im Schatten der Gruppo di Sella - einer schroffen Felsformation wie sie typisch ist für die Dolomiten(?) - an eine der schönsten und rasantesten Abfahrten (10 km mit 8%): Durch eine lichte Vegetation - sehr nett anzusehen - geht es in vielen Serpentinen ziemlich zügig bergab ! Da der Verkehr bei den tiefer gelegenen Ski-Stationen halt gemacht hat, gibt es hier oben kaum Verkehr. Eine wahre Freude, diese Abfahrt zu fahren!
(Dabei lerne ich wieder den wirklich sportlichen ausgelegten Rahmen zu schätzen: Sobald man den Anbremsvorgang einer Serpentine abgeschlossen hat, legt sich das Gios wie von selbst in einer Ideallinie in die auch noch so steil gefahrene Kurve!) Ab Canazei (1465m) wird die Abfahrt dann ruhiger und nach 25 km erreiche ich meinen Zielort Predazzo. (Eigentlich wollte ich ja noch den Fedaia fahren, aber es muß sich ja auch noch mal lohnen, wiederzukommen:-)

3. Tag (30.3.03): Predazzo - Venedig (173 km)

Frühstück im Hotel Montanara gut. Bei 0-5 Grad geht es in Predazzo auf 1018m los und ich spüre die unglückliche Routeneinteilung: Nach dem Ort geht es sofort in den Anstieg:-| Es geht gleichmäßig rauf, aber so, daß ich mit 39-25 nicht zu schnell fahren muß. Nach 7 km erreiche ich in 1373m Bellamonte. Bis hierher war es schon ganz nett. Nach dem Ort schlängelt es sich durch lichten Wald, rechter Hand begleiten mich die scheebedeckten Gipfel der Catena dei Lagorai und links gibt es einige schroffen Felsabhänge. Es steigt immer noch gemächlich an, bis der Stausee Lago di Forte Buso beginnt. Dieser ist fast leer und die Böschung und den Boden bedecken dicke Eisplatten. Jetzt kann ich mich warmfahren. Es schlängelt sich nett am See entlang bis ich Paneveggio erreiche. Danach geht es im Wald weiter und nach dem Abzweig zum Passo di Valles steigt es kräftig an: So wird es jetzt kontinuierlich weitergehen bis zum Paß. Es gibt nur ein paar Serpentinen, eher schlängelt sich die Straße am Berg hoch. Im Wald spüre ich auch die Kälte, die dort noch drinsteckt:-| Knapp 2 km vor dem Paß verlasse ich den Wald nachdem er etwas lichter geworden ist und nach 2-3 Serpentinen türmen sich vor mir die schroffen und verschneiten Pale di S. Martino (bis 3192m) auf!
Davor breitet sich hier am Passo di Rolle (1984m **/**/***) ein äußerst gut besuchtes Skigebiet aus: Parkende Autos weit und breit und plärrende Musik vom Skilift her. Aber das Wetter und die Sicht entschädigen: Tolle Bergkulisse, viel Schnee und bei gut 30 Grad in der Sonne läßt es sich aushalten:-) Nach ein paar Postkarten und einem Cappuchino ziehe ich alles an was ich habe: Trikot kurz, Wintertrikot lang, GoreTex-Jacke und dünne orange Fahrjacke, dazu lange Hose über die kurze Fahrhose.
Dann geht es hinab rechter Hand an der Flanke der Pale di S. Martino! Bis San Martina di Castrozza (1467m) geht es auf 8 km 517m (6.5%) in vielen Serpentinen hinab. Ab dort geht es 12 km mit 6.5% bis Siror ähnlich schnell weiter, nur daß die Serpentinen ersetzt werden durch eine sich am Berghang schlängelnde Straße, die sehr gut einsehbar ist und ich so meine Bremsen schonen kann:-) Danach bis Imer geht es gemählich bergab. Ab dort wird es aber wieder sehr interessant, da die Straße für 16 km in einer Schlucht verschwindet: Atemberaubend steil geht es rechts und links bergauf, mal staut eine Staumauer den Fluß Cismon , einige Galerien und Tunnel (insgesamt ca. 3 km, davon 830m in fast unbeleuchtetem Tunnel mit Kurve und reichlich Gefälle!). Nach dem letzten Tunnel vor Fonzaso gelange ich in das breite Tal der Piave. Hier ist es nicht mehr annähernd so nett und gegen einen heftigen Wind kämpfe ich mich bis Feltre.
Dort genieße ich die Mittagspause in der höher gelegenen Altstadt in der Sonne in einer Bar (rechts) und bekomme einige Panini. Die Altstadt lohnt den Anstieg wirklich: Es ist ruhig, kaum Verkehr und herrlich alte Gebäude-Ensemble! Nur ein paar Touristen bevölkern die Szenerie. Gegen 15:00 mache ich mich auf und als ich nach Anzu in das enge Tal 'gen Süden einbiege, bläst mir ein noch stärkerer Wind entgegen und der Himmel verdunkelt sich:-( Ich kämpfe mich gegen den Wind bis Fener durch, es ist diesig und wolkenverhangen. Ich befürchte einsetzenden Regen und folge lieber der Bahnlinie auf der Hauptstraße mit Zusteigemöglichkeit in den Zug, als auf der anderen Flußseite die kleinere Straße zu nehmen.
Der Wind läßt allerdings nach und ab Montebelluna wird es wieder heller, so daß ich auf die kleinen Straßen ausweiche, die mich nach Venedig bringen sollen: Es geht durch flaches Terrain durch Musano, Paese, Zero Branco und Martellago nach Mestre. Die Landschaft ist nicht sonderlich reizvoll, so habe ich das Tempo wieder auf um die 30 km/h gesteigert. Im letzten Ort vor Mestre halte ich noch mal an einer dieser Bars, genehmige mir zwei kleine Gläser Vino rosso und komme mit einigen Italienern in's Gespräch - a Monaco, tres giorno, cinquecentum kilomitri - wovon mir auch einer seinen ciclista-Ausweis zeigen muß:-) Durch Mestre - via san marco - geht es zur Brücke nach Venedig.
Dort komme ich mit der untergehenden Sonne auf dem Platz vor dem Hauptbahnhof an. Ich gebe mein Rad am Gleis 14 in die Gepäckaufbewahrung und mache mich zu Fuß auf zum Piazza San Marco, den wollte ich dann doch noch sehen. Auf dem Weg genehmige ich mir in der Royal Bar zwei Glas Rotwein, ... und mache auch auf dem Rückweg dort nochmal Station: Auf dem Markusplatz ist es fast menschenleer, paar Gondoliere stehen plaudernd bei den Gondeln, ein Pianist spielt vor leerer Cafe-Bestuhlung ..., und in der Royal Bar gibt es nur ein paar ältere Italiener ... Zurück am Bahnhof baue ich mein Rad auseinander und besteige den Nachtzug nach München
... und werde am nächsten Morgen auf der Fahrt vom Hauptbahnhof zur Klenzestraße mehr naß als während der ganzen drei Tage.

Fazit:

Eine schöne WE-Tour, 3 x 165 km, 3 Pässe, viel Sonne und Schnee.
Von der frühen Jahreszeit sollte man sich von einer solchen Alpentour nicht abhalten lassen.

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