Zuerst eine Gesamtübersicht über den Verlauf der Tour in Europa durch Deutschland, Tschechien, Österreich, Slowenien, Italien, Griechenland und die Türkei gibt diese Landkarte (0,6 MB) (Quelle: maps.google.de); links oben Brighton in Großbritannien und rechts unten Aleppo in Syrien.
Der Routenplaner von viamichelin.de wirft für die von Michelin empfohlene Strecke 2.256 km aus; auf direktem Weg sind es immer noch 2.208 km. Ich selbst errechne für eine sehenswerte Strecke 3.050 km, aus denen schlußendlich 3.250 km werden: Dabei umfahre ich den Balkan, der mir eher suspekt ist und wähle für mich interessante Sehenswürdigkeiten am Wegesrand aus und baue Empfehlungen von Freunden ein. Die Fährfahrt Venedig-Igoumenitsa soll eine nicht nur räumliche, sondern auch zeitliche Distanz schaffen zwischen dem mittel- und dem südosteuropäischen Raum.
Nach meiner Rückkehr lese ich auf Postkarten, in Urlaub-E-Mails und im ADFC-Magazin: "Regenschlacht statt Sommerfest", "Heiter trotz Nässe", "... bevor der Regen wieder los geht!", "Nach regnerischem Anfang hatten wir gestern und heute schon zwei Sonnentage!" und "Während bei Dir der Schweiß in Strömen vom Gesicht fließt, läuft an uns der Regen herunter. Leider sind wir gerade zur Regenzeit angekommen."
... und die Tiefsttemperaturen dieser Tage hier in Frankfurt entsprechen umgekehrt ungefähr denen in Istanbul: 13 statt 31°C!
Landkarte Teil I: Frankfurt - Bayreuth - Prag - Linz (1,7 MB)
Datum | Etappe: Wetter, Höhenmeter | Strecke | nsumme |
---|---|---|---|
4.7.2012 | Frankfurt - Lohr - Gmünden - Karlsburg - Würzburg - Ochsenfurt: 22-33°C (Sonne/Wolken), 600 Hm | 170 | |
5.7.2012 | Ochsenfurt - Dettelbach - Volkach - Gerolzhofen - Untersteinbach - Herrnsdorf - Hirschaid - Buttenheim: 19-30°C (Sonne/Sprühregen/Sonne), 730 Hm | 131 | 301 |
6.7.2012 | Buttenheim - Heiligenstadt - Sanspareil - Bayreuth: 19-25°C (Sonne/Wolken), 781 Hm | 76 | 377 |
7.7.2012 | Bayreuth - Eremitage - Pullenreuth - Waldsassen - ... | 80 | 457 |
Für die erste Etappe wähle ich eine nicht ganz direkte Route nach Bayreuth an die tschechische Grenze (dort will ich Michael treffen); das anfänglich sehr sonnig angekündigte Wetter (Für meinen Start am 4.7. ist das Wetter sehr gut angekündigt!) ist mittlerweilen umgeschlagen (hier Bamberg):-|
Auf mir recht bekannten Wegen geht es an Alzenau vorbei und durch den Spessart über Lohr am Main und Gemünden nach Würzburg (vorbei an der Alten Mainbrücke, 1473-1543 errichtet und in der Barockzeit mit Statuen geschmückt); dem Main weiter folgend erreiche ich Ochsenfurt mit seinen alten Stadtmauern. Die Altstadt ist recht nett mit ihren alten Wirtshäusern - in einem davon komme ich noch unter - und dem Rathaus mit seiner Turmuhr und den zur vollen Stunde erscheinenden Figuren.
Weiter dem Main folgend passiere ich Kitzingen und an Weinhängen vorbei Dettelbach und erlebe immer wieder eine Wegweisung für Fahrradfahrer, wie ich sie mir damals (1996) vorgestellt und in meinem - anschließend prämierten - Projekt beschrieben habe: Projekt: Radverkehrsnetz Von Unten: Genau wie für eine Wegweisung des motorisierten Verkehrs sind Richtung, Ziel und Entfernung unverzichtbar (mglst. mit Fern- und Nahziel nebst anderen Informationen wie Bahnhof, Zentrum, Biergarten etc.)!
Eine Mainschleife kürze ich über einen Bergrücken mit Weinbergen ab, um etwas später die Volkacher Mainschleife mit der Fähre zu überqueren. In Volkach sehe ich mir das Rathaus an; im Hintergrund ziehen aber schon dunkle Wolken auf, die der Wetterbericht ja angekündigt hatte. Mittag mache ich in der Brauerei Weinig in Gerolzhofen, im Steigerwald mache ich allerdings Regenpausen, wie z.B. in Untersteinbach bei der Brauerei Bayer. Anschließend klart das Wetter auf, so daß ich die imposante Schloßanlage Pommersfelden bei Sonnenschein in Augenschein nehmen kann; genauso schmeckt in Herrnsdorf in der Brauerei Barnickel das Bier in der Sonne: Nach Weinfranken bin ich unübersehbar in Bierfranken angekommen, der Region mit der höchsten Bierbrauereidichte der Welt! Abends fahre ich noch nach Buttenheim, wo ich gegenüber der Brauerei St. Georgenbräu unterkomme:-)
Nächsten Tag starte ich bei Sonne und komme - natürlich! - über den Hof einer weiteren Brauerei: Brauerei Gasthof Sauer in Gunzendorf. Durchfahren tue ich kleine Orte wie Stackendorf auf meinem Weg nach Heiligenstadt - wo ich schon früh beim Aichinger einkehre (3 Kronen). Durch die hügelig bis bergige Fränkische Schweiz erreiche den Felsengarten Sanspareil: Dieser geht auf die rege Bautätigkeit der Markgräfin Wilhelmine von Preußen zurück, welche in die Provinz nach Bayreuth verheiratet wurde. Dort - später dazu mehr - errichtete sie prachtvolle Bauten und gründete wichtige Institute. In Sanspareil mache ich eine Kaffee- und Kuchenpause im ehem. Küchenbau, gegenüber dem Morgenländischen Bau. Ich werfe einen Blick in den Inneraum (Salon der Markgräfin), bevor ich mir ein paar Details der Felsgartenanlage ansehe.
Auf Nebenstrecken erreiche ich Bayreuth, beziehe ein Quartier in Bahnhofs- und Innenstadtnähe und mache mich auf den Weg zum Markgräflichen Opernhaus, welches kurz vorher zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt wurde: Es ist ganz aus Holz erbaut (1744-1748) und eines der wenigen erhaltenen Theaterbauten dieser Zeit. Mit solchen Bauten wollte Markgräfin Wilhelmine von Preußen die Bedeutung ihres Hofes aus dem Provinziellen herausheben. Auf dem Weg zu weiteren baulichen Zeugnissen der Markgräfin gelange ich in den Präsidialbau der Regierung von Oberfranken von 1902: Dieser hält eindrucksvolle Zeugnisse des Jugendstils bereit, wie z.B. im Treppenhaus oder an Details (Türgriff) zu sehen ist. Gegenüber liegt das Neue Schloß Bayreuth mit dem Markgrafenbrunnen: Letzterer stellt den Markgraf Christian Ernst dar, der über einen Türken (ganz oben rechts) hinwegreitet; dies soll an die Befreiungs Wiens 1683 von der Belagerung der Türken erinnern. Die auf dem Löwen reitende Figur stellt einen Mohren dar. Ehemals symbolisierten die vier Figurengruppen vier Flüsse und die entsprechende Himmelsrichtung; so gibt es auch die Figurengruppe "Türke auf Pferd", welche den Fluß Eger, den Kontinent Asien und die Himmelsrichtung Osten symbolisiert: Genau hierhin soll mich meine Reise ja führen! Das Neue Schloß wurde vom Markgrafenpaar Friedrich und Wilhelmine in Auftrag gegeben. Ich nehme an einer Führung durch den Italienischen Bau teil (auch dahin geht ja meine Reise noch) und schaue mir dann noch die Sammlung Bayreuther Fayencen (mit abgestellter Kaffeetasse;-) sowie den Hofgarten mit Kanal (und Blick auf Schwaneninsel und Neues Schloß).
Abends hole ich Michael noch am Bahnhof ab.
Nach dem Frühstück und der Besichtigung des Markgräflichen Opernhaus setzen wir unsere Besichtigung der Bautätigkeit der Markgräfin Wilhelmine fort: Wir besuchen die Eremitage, welche 1749-1753 durch das Neue Schloß (zwei gebogene Flügel mit Mittelteil, dem Sonnentempel) ergänzt wurden.
Südlich des Fichtelgebirges setzen wir die Radtour fort und kehren zum Mittag in Pullenreuth ein, wo es heute grade frische Sülze mit Bratkartoffeln gibt. Bei gutem Wetter nähern wir uns der tschechischen Grenze und besuchen das Kloster der Zisterzienserinnen in Waldsassen: Die Stiftsbasilika können wir uns noch ansehen, während die Stiftsbibliothek leider schon geschlossen hat:-( Aber ich werde später noch eine ganz andere Klosterbibliothek besichtigen können!) Nach Kaffee und Kuchen passieren wir die Grenze ...
Datum | Etappe: Wetter, Höhenmeter | Strecke | nsumme |
---|---|---|---|
7.7.2012 | ... - Cheb: 19-25-42°C (Sonne/Wolken), 912 Hm | 85 | 462 |
8.7.2012 | Cheb - Mytina - Valy - Marienbad - Karlsbad: 21-39°C (Sonne/Wolken), 875 Hm | 105 | 567 |
9.7.2012 | Kalsbad - Touzim - Manetin - Plasy - Pilsen: 19-42°C (Sonne), 1.200 Hm | 102 | 669 |
10.7.2012 | Pilsen - Horovice - Karlstejn - Prag: 22-46°C (Sonne/Schauer), 900 Hm | 116 | 785 |
11.7.2012 | Prag - Davle - Moldau - Konopiste - Sedlcany: 19-41°C (Schauer/Sonne), 843 Hm | 99 | 884 |
12.7.2012 | Sedlcany - Schloß Orlik - Schiff - Zvikov - Bernartice - Tabor: 17-31°C (Wolken/Sonne), 1034 Hm | 89 | 875 |
13.7.2012 | Tabor - Trebon - Budweis: 14-24°C (Wolken/Regen/Sonne), 524 Hm | 88 | 1.061 |
14.7.2012 | Budweis - Krumlov - Vissy Brod - ... | 75 | 1136 |
... und nähern uns Cheb. Hier beeindruckt danke Sonne und Wolken der Marktplatz mit seinen eindrucksvollen und vielfältigen Fassaden. Auf dem Marktplatz steht (rechts hinter) dem Marktbrunnen mit Herkules-Statue das sog. Egerer Stöckl; ein Gebäudekomplex, in dem früher jüdische Kaufleute wohnten, und Wahrzeichen Chebs.
Am nächsten Morgen setzen wir vor der Abfahrt Michaels Scheibenbremse instand, schauen bei der alten Burg Eger, wo die erhaltenen Mauern des Palas mit seinen spätromanischen Fensterarkaden die Bedeutung dieser Kaiserpfalz erahnen lassen und der Wallfahrtskirche Maria Loreto vorbei. Auf kleinsten Straßen zuerst auch nahe der Grenze fahren wir auf Marienbad und passieren das Schloß Kynzvart. Vor der Einfahrt nach Marienbad lockt uns eine kleine Gastwirtschaft im Ort Valy an, bei der es dann lecker tschechisch Gulasch gibt!
Durch den Kurpark fahren wir dann in Marienbad ein, und die alte Bäderarchitektur beeindruckt mit imposanten Fassaden! Dort hören wir schon Konzertmusik, welche von den imposanten Kolonnaden herrührt: Sonntags gibt es Platzkonzerte auf der Promenade! Auch die Konstruktion der gußeisernen Kolonnaden von 1869 ist sehenswert. Wir verlassen Marienbad und folgen einem Tal Richtung Norden flußabwärts. Vorbei an Becov n. Teplou (obwohl der Ort sehr einladend aussieht) fahren wir nach Karlsbad; hier quartieren wir uns im Egerländer Hof mitten in der Stadt ein und genießen zuerst den Blick aus dem Hotelzimmer: Rechts hinten die Marien-Magdalenen Barockkirche von 1736, davor die Sprudelkolonnade von 1969, welche als bekannteste und stärkste Quelle den sog. Sprudel enthält, vorne links eindrucksvolle Jugendstil-Architektur, welche ich mir aus den berühmten weißen Kolonnaden näher ansehe. Aber überall in der Stadt findet sich phantastische Architektur und immer wieder Heilquellen, wie hier in der Mühlenkolonnade. Und auch im Fluß Tepla tritt heißes mineralisiertes Thermalwasser aus, welches für interessante Strukturen und Farben sorgt.
Wir verlassen Karlsbad auf gleichem Weg nach Süden vorbei am Grand Hotel Pupp von 1770 im Zuckerbäckerstil und finden dank Michaels GPS mit OSM-Karten immer kleinste, wenig befahrene aber geteerte Straßen. Nach der Ortseinfahrt von Manetin werden wir auf dem Marktplatz von einem imposanten Renaissanceschloß überrascht, welches nach einem Brand im Barockstil neu gestaltet wurde. Interessant finde ich den als Durchfahrt gestalteten Übergang vom Schloß zur Kirche. Weiter über Nebenstraßen, die auf meiner Michelin-Karte größtenteils nicht verzeichnet sind, durchfahren wir bei Schönwetterwolken eine leicht gewellte Landschaft und kehren in Plasy zum Mittag (Wildgulasch mit verschiedenen Klößen) ein. Anschließend schauen wir uns das Kloster Plasy (Eingang zum barocken Konvent) an - welches leider geschlossen ist - und durchfahren das große Areal mit u.a. Kornhaus mit Kapelle und Kirche.
Durch weiter welliges Terrain - mit kleinen Ab- und Auffahrten - erreichen wir Pilsen und beziehen unser Zimmer in einem alten Hotel mit prächtigem Treppenaufgang! Auf dem Hauptplatz (Platz der Republik) sehen wir anschließend das Rathaus im Renaissancestil (1554-1559) an (links die Pestsäule); der Platz wird von schönen Gebäuden verschiedener Epochen gesäumt und beherbergt die gotische St.-Bartholomäus-Kathedrale (Öffnungszeit knapp verpaßt:-( Abends gibt es wieder Gulasch und Staropramen und es ergibt sich vom Hotelbalkon der Blick auf das Große Theater von 1869.
Morgens fahren wir noch im Biergarten der Brauerei Pilsener Urquell vorbei. Mit Zwischenstopps an Kirschbäumen immer weiter über kleinste Nebenstraßen und nach einer Mittagspause in Horovice erreichen wir die Burg Karlstjin im Berounka-Tal gelegen. Die Burganlage wirkt interessant, doch der Rummel drum rum schreckt uns von einer Besichtigung ab. So erreichen wir Prag, beziehen unser Hotel, bummeln an der Moldau entlang mit Blick auf die Karlsbrücke, streifen durch die Kleinseite hinauf zum Hradschin und zum Abendessen wieder hinunter um nach einem Abschiedsgetränk wieder im Hotel anzukommen. Denn da wir beide Prag schon mehrfach gesehen haben, entschließen wir uns schon den nächsten Tag weiterzufahren (eigentlich war ein Ruhe- oder Regentag in Prag vorgesehen, den wir gottlob nicht brauchten).
Bei recht ungemütlichem Nieselwetter schlagen wir auch noch die falsche Route ein: Nicht an der Moldau fahren wir hinaus, sondern sind wieder der Berounka gefolgt:-( Macht nichts, das Wetter bessert sich, als wir an der Moldau unterwegs sind! Mittags kehren wir in einem kleinen Städtchen ein: Davle. Offenbar essen dort an der Straße auch die Einheimischen. Und es sieht verdammt gut aus, was sie auf dem Teller haben. Als ich beim Bestellen auf den Teller zeige, bedeuten sie nur, daß es aus ist:-| Aber mit der Unterstützung der Anwesenden gelingt es uns, einen Teller gemischt mit Knödeln und Fleisch zu bestellen; Pivo ordert sich natürlich von selbst:-) Es schmeckt super, obwohl Michael anfangs skeptisch ist. So gestärkt können wir das Moldautal verlassen und nähern uns durch angenehme Landschaft dem Schloß Konopiste ehem. aus dem 13. Jh., welches 1887 von den Habsburgern angekauft wurde: Auf einer Führung können wir uns die Räumlichkeiten ansehen wie z.B. den wegen seiner orientalischen Ausschmückung als Harem bezeichneten Saal (bin gespannt, was mich in der Türkei erwartet) oder die äußerst sehr umfangreiche Waffensammlung. Eigentlich wollten wir Orlik an der Moldau erreichen, doch wegen der fortgeschrittenen Zeit und in Ermanglung an geeignet großen Ortschaften übernachten wir in Sedlcany: Der Hauptplatz wird von einem sozialistisch wirkenden Einkaufskomplex dominiert an der einen, und vom prächtigen Rathaus an der anderen Seite. Abends essen wir im Hof eines gut frequentierten Restaurant am Platz, wo es das leckere Kozel gibt!
Morgens wartet das Gios geduldig auf die Abfahrt, bevor uns wieder eine klasse Landschaft erwartet (ein Rückblick über Pocepice auf Vysoky Chlumec). In Petrovice habe ich diese Wegweisung für Radfahrer aufgenommen: Die Routen haben eine Nummer; an wichtigen Abzweigungen wird aber immer auch der Ortsname und die Entfernung genannt, so daß man sich leicht orientieren kann. Und meist folgt auf die Wegweisung für KFZ (blau) auch die Wegweiser für die Radrouten (gelb).
So erreichen wir über den Moldau-Stausee die Burg Orlik nad Vltavou: Seit ca. 1270, jetzt wieder im Besitz der Familie von Schwarzenberg. Wir unterhalten uns mit anderen Radfahrern und bekommen den Tipp, mit dem Schiff zur nächsten Burg zu fahren. Das Schiff fährt erst in einer Stunde, so haben wir Zeit zu essen und fahren dann zu den Moldau-Schiffen hinunter. Nach dem Ablegen haben wir vom Stausee aus noch einen Blick auf die Burg (vorne rechts: Dietrich und Maria). Gemächlich geht es voran, wir unterqueren die Stauseebrücke, die wir eben noch überfahren haben, und erreichen auf dem Wasser (im Wald) die Burg Zvikov: Besser als mit dem Schiff kann der Zugang zur Burg wirklich nicht sein! [27.11.2013] Wir sehen uns noch den gepriesenen Innenhof mit den Laubengängen an und verlassen die Burg durch das Pisek-Tor am hohen Verteidigungsturm vorbei.
Dann sputen wir uns, um der Regenfront zu entkommen, überqueren auf einer Kettenbrücke die Luznice in einem eingeschnittenen Tal und erreichen Tabor, unser Tagesziel! Von unserer Herberge in der Altstadt geht es durch eine schmale Gasse (mit Blick auf den Rathausturm) auf den Marktplatz, der von prächtigen Haus- und der Kirchenfassade umrahmt ist. Wir essen kubanisch(?) und gehen mit einem abendlichen Blick auf das Rathaus zurück in die Herberge.
Bevor wir Tabor verlassen, entdeckt Michael einen Fahrradladen, wo wir sein/e Cleat/Schuhplatte reparieren können; dort hatte sich eine Schraube gelöst, die wir dann verloren haben. Bei eher trübem Wetter und ab und zu Nieselregen folgen wir meinem manuellen Navi, da die kleinen Orte der Nebenstecke auf der Michelin-Karte nicht verzeichnet sind. "DB" bedeutet dabei, daß wir hier bei starkem Regen in einen Zug steigen könnten. Parallel zur E55 auf Nebenstraßen fahren wir nach Süden durch ausgedehnte Teichanlagen: Dies ist das Gebiet der größten Produzenten von Süßwasserfischen [27.11.2013] nicht nur in Tschechien, sondern in ganz Europa! Leider spielt für diesen Abschnitt das Wetter ganz und gar nicht mit:-( Aus diesem Grund lassen wir die idyllische Gastwirtschaft in Hamr links liegen;
gottlob, denn nach einsetzendem leichten Regen begeben wir uns nach der Ankunft in Trebon gleich in ein Restaurant am Masaryk-Platz, der von prächtigen Renaisannce- und Barock-Häusern umstanden ist (das Hotel zum Kleinen Weißes Pferd ist besonders aufwändig verziert): Ich ordere einen Karpfenspieß, dazu tschechischen Chardonay. Da sich das Wetter nicht bessert, sehen wir uns das Schloß Trebon an: Die Brunnenskulptur vorne rechts stellt einen Raben dar, der einem Türken die Augen auskrazt. Dies stellt wieder mal eine Verbindung zu meinem Reiseziel Türkei her; hier allerdings erinnert die Darstellung an den Sieg der Adelsfamilie Schwarzenberg über die Türken in Ungarn, welche sich auch im Wappenschild der Familie wiederfindet, denen das Schloß ab 1660 gehörte (vgl. auch oben Burg Orlik nad Vltavou). Bei der Führung sehen wir auch die im Renaissance-Stil eingerichteten Zimmer und die Zimmer der Familie von Schwarzenberg (19. Jhdt.).
Am großen Fischteich Opatovicky vorbei verlassen wir Trebon und steuern - dank der OSM-Karte auf Michaels Garmin! - immer auf kleinsten Straßen jetzt bei bestem Wetter auf Budweis (Premysl-Otakar-II.-Platz) zu; hier beziehen wir ganz in der Nähe ein nobles Hotel, das Maly Pivovar [27.11.2013] (wo ich auch schon mit Jan 2006 und den Freunden des Münchener Radclubs auf dem 3-Länder-Giro 2008 eingekehrt bin).
Bei bestem Wetter machen wir einen Stadtrundgang und lassen uns nahe dem Zusammenfluß der Moldau und Maltsch sowie dem Kanal Mlynska stoka nieder (ehem. Hafenbecken?) für ein ortsübliches Kaltgetränk. Abends landen wir in einem Gasthaus im Hinterhaus - welches offenbar nur von Einheimischen besucht wird: Es geht sehr rustikal zu - und bestellen die lokale Forelle. Auf dem Weg zurück zum Hotel beeindruckt der abendliche, beleuchtete Platz!
Wir verlassen das Hotel, Michael posiert vor dem Rathaus und eindrucksvoller Kulisse von Bürgerhäusern mit Arkaden, die den quadratischen, 133 m langen Platz säumen! Links der im 18. Jhdt. zur Wasserversorgung aus der Moldau erbaute Samson-Brunnen auf der Mitte des Platzes. Zum strahlenden Sonnenschein gesellen sich beim Passieren des Klosters Zlata Koruna schon ein paar Wolken, so daß wir Cesky Krumlov mit seiner Burg in der Moldauschleife im Regen erreichen: So bietet sich - nachdem sich das Wetter nach dem Mittagessen nicht gebessert hat - eine Besichtigung an, welche im 3. Burghof beginnt. Bei trübem Wetter ergibt sich dabei auch der Blick auf das historische Stadtzentrum (UNESCO-Weltkulturerbe seit 1992). (Ab hier ergeben sich auch immer wieder Schwierigkeiten mit meiner Kreditkarte, welche aber die Reise letztendlich nicht beeinträchtigen.)
Bei nur leichtem Nieselregen nehmen wir die Fahrt im Moldautal auf, um die reservierte Zugabreise Michaels am nächsten Tag nicht zu gefährden. Nach nachlassendem Regen erreichen wir Vissy Brod bei Sonne, investieren unsere letzten Kronen in eine kleine Stärkung für die Überquerung der Hügelkette hin zum Mühlviertel in Österreich ...
Datum | Etappe: Wetter, Höhenmeter | Strecke | nsumme |
---|---|---|---|
14.7.2012 | ... Linz: 14-22°C (Wolken/Regen/Wolken/Sonne), 1.006 Hm | 107 | 1.168 |
15.7.2012 | Linz - Mauthausen - Steyr - Ennstal - Altenmarkt bei St. Gallen: 16-23°C (Wolken/Niesel-/Regen/Sonne), 884 Hm | 126 | 1.294 |
16.7.2012 | Altenmarkt bei St. Gallen - Ennstal - Bachbrücke - Admont - Frauenberg - Admont - Trieben - Hohentauern: 11-32°C (Wolken/Sonne), 1.748 Hm | 91 | 1.385 |
17.7.2012 | Hohentauern - Oberzeiring - Lachtal - Neumarkter Sattel - Mühlen - 92 - Klagenfurt - Reifnitz: 11-35°C (Wolken/Sonne), 885 Hm | 153 | 1.538 |
18.7.2012 | Ruhetag Reifnitz | ||
19.7.2012 | Reifnitz - Velden - Maria Gail - Villach: 21-44°C (Sonne), 271 Hm | 36 | 1.574 |
20.7.2012 | Villach - Wurzenpaß - ... | 11 | 1.585 |
... und erreichen nach einer grandiosen, 10 km langen Abfahrt unser Tagesziel Linz auf der Donau-Brücke und weiter den Linzer Hauptplatz mit Altem Dom und Pestsäule! Abends essen wir östereichisch und können wieder mit Euro bezahlen.
Landkarte Teil II: Linz - Klagenfurt - Slowenien - Venedig (1,2 MB)
Wir verabschieden uns bei einem Frühstück am Linzer Platz und ich setze meine Reise alleine fort. Bei Wolken und Nieselregen (wetteronline.de) - und viel besseren Wetteraussichten für den Süden! - erreiche ich an der Donau entlang Mauthausen, das ehem. Konzentrationslager: Das modern gestaltete Informationszentrum sehe ich mir an und lege ein zweites Frühstück in der Cafeteria ein; die 1 1/2-stündige Führung erscheint mir aber zu lang. Über die Donau hinüber erreiche ich etwas später Enns an der Enns und sehe mir den Hauptplatz mit Stadtturm und ehem. Münzstätte und besonders schöne Fassaden der im Kern gotischen Häuser an.
Dieses sehr wechselhafte Wetter soll mich noch eine Weile begleiten! Ich studiere deshalb immer mal wieder die Vorhersage auf wetteronline.de: Aber derzeit sieht es für Steyr eher schlecht, dagegen weiter im Süden für Graz deutlich besser aus! Später mehr dazu ...
So erreiche ich auch Steyr mit der Mündung der Steyr in die Enns, nutze die reichhaltige Kuchenauswahl des Cafes, sehe mir bei fortwährendem leichten Regen das Innere der barocken Michaelerkirche mit den tonnengewölbten Seitenkapellen an und setze meine Reise der Enns nach Süden folgend fort. Nach Wetterbesserung ergibt sich ein Blick in eine schon alpenähnlicher werdende Landschaft! Ich durchfahre den kleinen, sehr netten Ort Ternberg, folge der auf- und abführenden Straße an Felsen vorbei, passiere die Einmündung der Gaflenz in die Enns und erreiche bei drohendem Gewitter Altenmarkt bei St. Gallen. Hier komme ich in einem 1578 erbauten sog. Hammerherrenhaus unter, mit hofseitigen Säulenarkaden (hier beim Regenschauer). Von der Gastwirtin erfahre ich, daß es sich um ein denkmalgeschütztes Haus [27.11.2013] handelt!
An Staustufen vorbei folge ich dem immer enger werdenden Tal der Enns, umfahre auf der alten Straße die neuen Tunnels und erreiche - durch den 'Nationalpark Gesäuse' vorbei am Hochtor (2369 m), mit einer Mittagspause im Gasthof zur Bachbrücke - Admont mit dem Benediktinerstift und der größten Klosterbibliothek der Welt, welche ich mir in einer Führung ansehe. Das Stift wurde dank der 1.400 Manuskripte und 200.000 Bände der Bibliothek zu einem Mittelpunkt der christlichen Welt.
Der barocke Büchersaal von 1776 wurde damals als 8. Weltwunder bezeichnet. Auf einem rundkursartigen Abstecher fahre ich noch hinauf zur Wallfahrtskirche Frauenberg, welche historisch und auch organisatorisch mit dem Kloster Admont verbunden ist. Das Innere der Kirche ist reichhaltig, aber in sich stimmig mit Fresken und viel Stuck dekoriert. Von dort oben bietet sich ein klasse Rückblick auf die Berglandschaft des Gesäuses und den Ort Admont! Auf der Rückfahrt erscheint der Wallfahrtsort auf dem Berg Kulm vor eindrucksvoller Kulisse! Nach ein paar kleinen Schauern erreiche ich etwas später den Ort Hohentauern und die Paßhöhe auf 1.274 m (meine höchstgelegene Übernachtung der ganzen Tour)! Bei einem Blick aus dem Fenster kündigt sich auch ein Wetterwechsel (für den nächsten Tag) an!
Ich traue dem Braten noch nicht und sehe mir die Wettervorhersage für Villach an; und wirklich scheint das Gebirge Niedere Tauern eine Wetterscheide zu sein: Ich kann durchweg sonniges Wetter erwarten! BTW: Der Orstname Hohetauern täuscht ein wenig; nicht wie zu erwarten liegt der Ort auch da, wo er vorgibt. Denn das Gebirge Hohe Tauern liegt etwas weiter westlich und enthält als Überquerung die Großglockner Hochalpenstraße mit Hochtor (2.509 m)!
Bei bestem Wetter passiere ich schon bald uralte Gebäude, lege eine Mittagsrast in Mühlen ein und gelange nach einige Kilometern in Hüttenberg zu einem Lingkor, einem tibetischen Pilgerpfad, der im Eingang verschiedene Buddha-Statuen enthält.
Mit zunehmendem Verkehr erreiche ich dann Klagenfurt, wo wegen einer Sportveranstaltung (14. Ironman Austria) alle Zimmer ausgebucht sind in meiner Preiskategorie; so fahre ich direkt - nach Erkundung des Stadtzentrums - am Kanal nach Reifnitz am Wörther See, wo ich mich zwei Tage einquartiere und einen Ruhetag einlege.
Heute lasse ich den Tag ruhig angehen beim Frühstück mit einer Süddeutschen; dann wandere ich durch die hügelige Landschaft mit Blick auf die Karawanken im Süden, der Grenz zu Slowenien. Nachdem ich den kombinierten Wanderweg mehrfach verfehlt habe, erblicke ich nach einem Absteig querfeldein wieder den Wörther See, lese am See und erreiche zu Fuß am See zurück wieder Reifnitz.
Heute gibt es nur eine kurze Überführungetappe, da ich im Hotel in Villach meine Maestro-Karte als Fallback erwarte, wenn die neue Kreditkarte Venedig nicht rechtzeitig erreichen sollte. So komme ich zuerst nach Velden am Wörther See, wo mich die Archtitektur des Schloßhotels beeindruckt: Der alte historische Baukörper wird mit modernsten Anbauten kombiniert! Weiter über Maria Gail, mit einer Wein-Pause im Ortszentrum, fahre ich in Villach ein, wo ich auch mit Jan schon 2011 auf unserer Alpen-Radtour geendet habe. Ich sehe mir in der Hauptstadtpfarrkirche St. Jakob die Steinkanzel und die zahlreichen Gradmale an der Südwand der Kirche aus dem 15. bis 18. Jhdt. (Detail) und das komplizierte Stern- und Netzgewölbe an. Abends sitze ich - wie damals schon - im Biergarten an der Drau.
Eigentlich stand in 2011 schon Villach-Warmbad auf dem Programm, lag damals aber zu weit außerhalb; heute kann ich es mir ansehen, weil es zufällig auf dem Weg nach Süden liegt: Slowenien und Italien sind schon ausgeschildert. Dem alten Warmbad mit Kurhotels steht die architektonisch anspruchsvolle neue Erlebnistherme gegenüber. Den kleinen Kurort verlasse ich aber wieder sehr schnell, und fahre von Österreich nicht direkt auf Italien, sondern nehme den Weg über Slowenien: Hier stellt sich der Wurzenpaß in den Weg; Hinweisschilder für KFZ stimmen mich ein. Doch aus den 600m mit 18% werden dann 1.400m mit 18%, es geht eine steile Rampe ohne Serpentinen hinauf! Da komme ich ganz schön in's Schnaufen und freue mich über das Paßschild!
Datum | Etappe: Wetter, Höhenmeter | Strecke | nsumme |
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20.7.2012 | ... - Vrsic - Trenta - Kobarid - Livek - ... | 104 | 1.689 |
Anschließend, jetzt erstmalig für mich in Slowenien, ergibt sich die Abfahrt Richtung Podkoren (ganz nett). Auf der Hauptstraße erreiche ich Kranjska Gora (auch ganz nett), wo ich auf eine Nebenstraße an kleinen Seen vorbei mit eindrucksvollem Blick in die Berge abbiege. In vielen Serpentinen, jeweils mit Kopfsteinpflaster und phantastischem Blick in's Gebirge erreiche ich den Paß Vrsic auf 1.611m Höhe (zweithöchste Erhebung der Tour, später mehr dazu)! Oben kaufe ich Postkarten und Briefmarken; und wie schon in Podkoren komme ich mit Italienisch viel weiter als mit anderen Sprachen! Mit fast keinem Verkehr mache ich mich auf die Abfahrt:
Wieder Blick in die Berge und Serpentinen, die man herrlich schnell ausfahren kann, mit Blick in's Tal am Triglavski Narodni Nationalpark entlang! Unten angekommen im Tal der Soca, im Hintergrund - ich kehre auf dem ersten Campingplatz Trenta für eine Pause ein - der kleine Ort Trenta in schroffer Gebirgskulisse. Der Fluß Soca mit seinem kristallklaren, türkisblauen Wasser, dem ich jetzt rund 45 km folge, wird mit seinen Wasserfällen, Stromschnellen und engen Schluchten als einer der schönsten Flüsse Europas bezeichnet: Und das ist wohl wahr; soviel unberührte Natur ist selten! Weiter unten weitet sich das Tal bei Trnovo und nach Kobarid verlasse ich das Tal mit einem Anstieg über Livek, mit Rückblick in die Berge, passiere eine verlassene kleine ehemalige Grenzstation und erreiche ...
Datum | Etappe: Wetter, Höhenmeter | Strecke | nsumme |
---|---|---|---|
20.7.2012 | ... - Cividale del Friuli: 20-42°C (Sonne), 2.155 Hm | 130 | 1.704 |
21.7.2012 | Cividale del Friuli - San Lorenzo - Grado Pineta: 24-34°C (Wolken/Sonne), 30 Hm | 68 | 1.772 |
22.7.2012 | Grado Pineta - Aquileia - Terzo - Passariano - Ronchis - Caorle: 23-44°C (Sonne/Wolken), 114 Hm | 136 | 1.908 |
23.7.2012 | Ruhetag Caorle (Sonne) | ||
24.7.2012 | Caorle - Venedig: 26-32°C (Wolken), 25 Hm | 53 | 1.961 |
25.7.2012 | Ruhetag Venedig / Fähre (Sonne) |
Die jetzt folgende Abfahrt ist unbefahren und ich genieße sie in vollen Zügen: Bella Italia! Doch eins vorweg: In Italien fahren die KFZ am engsten an mir Radfahrer vorbei! Selbst in Griechenland und der Türkei waren die KFZ rücksichtsvoller und hielten ausreichend Abstand. Am frühen Abend erreiche ich das avisierte Tagesziel Cividale del Friuli. Hier sehe ich mir den Dom mit einer im Renaissance-Stil umgebauten gotischen Fassade an, der im Innern im Hochaltar ein venezianisch-byzantinisches Altarblatt aus vergoldetem Silber aus dem 12. Jhdt. beinhaltet. In der Stadt ist eine Art Kultur- bzw. Musikfestival; so komme ich noch in den Genuß der Straßenband "Gap's Orchestra" [27.11.2013] und erstehe ihr "Acoustic live 2012"-Album, eine selbstgebrannte CD gegen Spende von 5 Euro! Zwischendurch esse ich noch auf einem der alten Plätze: U.a. Polenta mit Gulasch, was der Nähe von Slowenien geschuldet ist.
Ich bin zwar nicht auf der Flucht - obwohl es so aussehen könnte - doch in Wirklichkeit habe ich meine Reiseroute geändert: Über die Alpen ziehen Gewitter- und Regenwolken wie angekündigt! (Gottlob habe ich keine Übernachtung in Slowenien im Soca-Tal eingelegt; dort wollte ich jetzt nicht sein!) So fahre ich auch nicht über Udine, wo sich auch Wolken ballen, sondern fahre direkt nach Süden an's Meer. Hier ärgere ich mich über die angelegten Radwege besonders: An jeder Kreuzung oder auch nur Einmündung endet der Radweg, muß angehalten werden - und Stop bedeutet Stillstand der Räder! - und beginnt danach von neuem! Das ist wirklich haarsträubender Unfug! ... aber vielleicht war auch nur die norditalienische Schilder-Mafia am Werk.
In der Küstenregion komme ich zum "Riserva Naturale Valle Cavanata", einer ehem. Fischlagune, die jetzt fast natürlich aussieht und vielen Vogelarten, u.a. Zugvögeln, Schutz und Rastplatz bietet. Ich überquere den Canale di Primero vorbei an dem Santuario di Barbana auf gleichnamiger Insel. Dann erreiche ich am Meer den Ortsteil Pineta von Grado; da es mir hier sehr gut gefällt, suche ich ein kleines Hotel und vertreibe mir die Zeit, bis das Zimmer bezugsfertig ist, in einer Bar mit Strand- und Meerblick. Dort tummeln sich im vom Wind aufgepeitschten Meer die Kitesurfer. Abends esse ich Fisch: Zuerst Insalata ai frutti di mare, danach Schwertfisch. Und der Ausblick auf den morgigen Tag ist vielversprechend.
Die reine Entfernung nach Venedig ist nicht der Rede wert; da ich aber die Überfahrt nach Griechenland erst für den 25. gebucht habe, ist noch Zeit für einen Abstecher und eine Zwischenübernachtung mit Ruhetag!
Ich fahre am Meer zum Hauptort Grado. Der ist voller Touristen und der Strand kostet Gebühr! Gut, daß ich im beschaulicheren Pineta geblieben bin. Ich sehe mir die Basilika S. Eufemio mit seinem Mosaikboden und den Säulen mit byzantinischen Kapitellen an. Dann setze ich mich mit der Süddeutschen an den Hafen, ich habe es ja nicht eilig. Ein älterer Passant spricht mich an, was ich denn hier herumsitze und deutet auf das Rad: Dann fiel das Stichwort 'Tour de Francia' und wir mußten beide lachen, ich winkte ab und sprach nur von 'pausa';-)
Am Hafen fahre ich entlang bis zum Ende der Mole und mit dem Blick auf die Alpen überquere ich auf dem Damm zum Festland die Laguna di Grado. Dann mache ich zuerst Halt in Aquileia bei der Basilika aus dem 11. Jhdt. und sehe mir den Mosaikboden an, der zu den größten und schönsten des westlichen Christentums zählt. Auf dem Weg weiter nach Norden passiere ich noch das alte Forum römischen Ursprungs, durch welches geradewegs die Straße führt! Entlang der Bahnlinie mit imposanten Industrieanlagen folge ich der Ausschilderung zur Via Annia: Eine alte Römerstraße von 153 v.u.Z. führte von Aquileia nach Padua. Sehr schön kann man auf den Luftbildern den ehemaligen Verlauf auch in den Feldern erkennen.
Während ich mich weiter vom Meer entferne - auf Codroipo zu - sind die Alpen weiter wolkenverhangen, zwischendurch kehre ich in einem abseits gelegenen, aber dennoch stark frequentierten Selbstbedienungsrestaurant (zw. Porpetto und Torsa an der S353) und es gibt Bacalao mit Polenta, meine Leibspeise mal italienisch! Dann erreiche ich die Villa Manin, eine Sommerresidenz aus dem 16./17. Jhdt. Die sehr weitläufige Anlage verfügt noch über zwei halbrunde Nebengebäude, die an den Petersplatz oder Versailles erinnern. Aber immer wieder begegne ich auf meinem Weg architektonischen Zeitzeugen, wie z.B. dieser Villa von 1648-1649; das Landgut lag außerhalb der kleinen Ortschaft Gorizzo und war durch eine Allee mit ihr verbunden. Die heruntergekommene Anlage - kein Wunder, denn schon 1651 bei der türkischen Invasion beschädigt! - läßt aber die herrschaftlichen mittelalterlichen Wurzel der Bewohner erkennen: Dem Eingang vorgelagert ist eine Brücke über einen fiktiven Wassergraben und auf der Tafel heißt es: "The plan of the building is a tripartite, with a central through-hall, four adjacent rooms an a two-flight great staircase. The facade has at its center an ashlar portal, with a keystone representing the coat-of-arms of the family and a Serlian window at the piano nobile." Gerne hätte ich mir dieses Bauwerk von innen angesehen!
Ich fahre aber weiter eine Allee, während rechterhand Regenschauer niedergehen, folge bei starkem Gegenwind dem Fluß Livenza und erreiche abends den Hafen von Caorle. Der Wind bringt das Meer zum Schäumen. Da ich hier einen Ruhetag einlegen will, suche ich mir ein ruhiges Hotel nahe der City (mit Jan habe ich damals in 2008 mit Meerblick übernachtet) und bestelle am Abend Pizza frutti di mare.
Die Süddeutsche hilft mir über den Tag; der Wind hat nochmals aufgefrischt und wirbelt Gischt und Sand über den Strand. Das Studium des Tempo in Italia oggi sagt mir: Nur am Lago di Como ist das Wetter schöner in Italien! Im Windschatten von Madonna dell Angelo an der Mole kann man sich sogar sonnen. Abends esse ich Caorlisch: Caparozzoli alla griglia und Baccala con polenta!
Mit einer ruhigen Anreise über Lido di Jesolo nach Venedig wird es nichts: Schon nach kurzer Zeit ersticke ich im dichten (Touristen-)Verkehr; kein Vergleich mit der geschmeidigen Anfahrt mit Jan im Juli 2008. Ich freue mich zwar, als ich den Punta Sabbioni erreiche, doch auch die Fähre ist überfüllt. Ich erreiche Venedig, beziehe mein Hotel und will mir ein paar Dinge ansehen: Zuerst die Fabbriche Nuove; in diesem Gebäude von 1486-1570 waren unter den Arkaden Warenlager untergebracht. In diesem als monoton beschriebenen Gebäude waren im Obergeschoß das Handelsgericht untergebracht.
Mit dem Vaparetto (türkisch: Vapur) geht es vorbei an der Kirche Santa Maria della Salute zum Lido: Hier sehe ich mir das Jugendstilhotel Grande Albergo AUSONIA & HUNGARIA von 1905 an und gehe weiter zum Strand des Grand Hotel Des Bains (Schauplatz der 'Tod in Venedig'-Verfilmung Viscontis), welches sich in einer schleichenden Restaurierungsphase befindet (Baustelle). Abends geht es dann zurück, wo ich noch einen Cafe in der Bar America am Markusplatz trinke.
Heute habe ich kein festes Ziel; die Kreditkarte ist angekommen, aber leider wird die PIN auch an diese Adresse geschickt:-( (Später dazu mehr!) So lasse ich mich etwas durch die Stadt treiben, beobachte die Gondoliere bei der Arbeit und suche von Touristen nicht überlaufene Ecken. Vor der Abfahrt der Fähre stärke ich mich noch mal italienisch, bevor ich auf die Fähre, ein alter Seelenverkäufer, fahre.
Das Wetter während der Überfahrt ist traumhaft schön, die See ruhig. Während wir an Albanien vorbeifahren, stürzen sich Wolken die Berge zum Meer hinunter, doch erreichen es nie. Rückblick zur albanischen Küste. Wir nähern uns mit der Fähre Griechenland und bei Sonnenuntergang erreichen wir Igoumenitsa, wo das Gios schon ungeduldig wartet.
Landkarte Teil III: Igoumenitsa - Saloniki - Istanbul (1,4 MB)
Datum | Etappe: Wetter, Höhenmeter | Strecke | nsumme |
---|---|---|---|
26.7.2012 | Ruhetag Fähre / Igumenitsa (Sonne) | ||
27.7.2012 | Igoumenitsa - Vrossina - Lefkothea - Ioanina - Mazia - Metsovo: 18-35~45/20~30-52°C (Sonne/Gewitter/Regen), 3.044 Hm | 160 | 2.121 |
28.7.2012 | Metsovo - Katarapaß - Korydallos - Kalambaka - Kstraki: 23-35-45°C (Sonne/Wolken), 1.130 Hm | 81 | 2.202 |
29.7.2012 | Kastraki - Meteora - Vlachava - Deskati - Kefalorrisso - Elassouni - Kallithea - Kryovrysi - Leptokaria: 24-35~45-47°C (Sonne), 2.713 Hm | 164 | 2.366 |
30.7.2012 | Leptokaria - Dio - Katerini - Archeia Pydna - Sindos - Saloniki: 27-35~45-51-°C (Sonne), 369 Hm | 129 | 2.495 |
31.7.2012 | Saloniki - Apolonia - Asprovolta - Paralia - Ofryniou - Kavala - Fähre - Prinou: 24-35-49°C (Sonne/Gewitterwolken/Sturm), 1.023 Hm | 180 | 2.675 |
1.8.2012 | Prinou - Thassos - Fähre - Xanthi - Komotini: 28-35-43°C (Sonne/Wolken/Sommergewitterspritzer), 378 Hm | 116 | 2.791 |
2.8.2012 | Komotini - Xilagni - Makri - Feres - ... | 130 | 2.921 |
Ich kann die Fähre als erster verlassen - während sich die ersten LKW aus dem Rumpf schälen, quartiere mich im schon vorab reservierten Hotel ein und esse neben dem Hauptplatz in einem typisch griechischen Lokal.
Der Hotelier gab mir beim Frühstück eine wichtige Information mit auf den Weg: Seit es den neuen Highway gibt (Autobahn A2), fährt kein Mensch mehr den alten (Europastraße E90/92)! Und so ist es auch: Bei bestem Wetter fahre ich einen der breitesten Radwege, die ich je gesehen habe! Sofort geht es hügelig bis bergig los - ich kenne die Strecke noch aus 1994 von der Radtour mit Knut - und die Temperatur steigt auf angenehme weil trockene 40 Grad. In einer Abfahrt erreiche ich den Fluß Potamos Thiamis, welchem ich folge. Da hier früher auch schwere LKW unterwegs waren, sind die Anstiege aber immer sehr gut zu fahren. Rückblick in die Auffahrt und nordgriechische Bergwelt. In Vrossina mache ich meine erste Pause: Die Gastwirtschaften sind immer sehr einladend:-) So auch die Temperatur, wenn ich das Rad in der Sonne stehen lasse: Das LC-Display des Tacho gibt dann aber den Geist auf. Dann hilft im nächsten Ort Lefkothea ein Frappe: Kalter Nescafe mit Eis, wahlweise mit/ohne Milch und Zucker; herrlich erfrischend! Ich genieße die trockene Hitze, in der Sonne bis 45°C, und erreiche Ioanina am gleichnamigen See. (Im Hintergrund die gleich folgende Auffahrt!) Vorher esse ich noch am See: Bauernsalat (greek salad), dazu ein Mythos.
In der schon erwähnten Auffahrt dann höre ich es über mir in den Wolken krachen und sehe Blitze! Jetzt erinnere ich mich: Damals hatten wir Uli in Ioanina besucht und er erzählte uns von den Nachmittagsgewittern. So gebe ich Gas und erreiche gerade noch eine ausladende Veranda zum Unterstellen, bevor 3/4 Stunde lang ein Regenguß runterkommt! Danach verziehen sich die Wolken samt Regen und ich fahre weiter auf Metsovo, ein nettes kleines Dorf in den Bergen auf 1.160 m (zweithöchste Übernachtung der Tour). Vorher erwischt mich ein zweiter Regenguß auf freier Strecke, die Temperatur sinkt dabei auf 25°C. Mit Blick auf die ca. 200 m weiter unten verlaufende Autobahn erreiche ich eine Höhe von 1.200 m, um dann recht spät abends in anbrechender Dunkelheit Metsovo zu erreichen. Ein kleines Hotel nahe dem Zentrum bietet mir Unterkunft. Ich genieße das Treiben in dem Ort, stelle mein Essen aus Feta, Tzatziki und einem Souvlaki mit Malamatina zusammen und genehmige mir zum Desert ein süßes Stück mpaklabas (ähnlich Baklava) und einen Sitsa (Wein aus der Region Ioanina, den uns Uli damals schon wärmstens empfohlen hat:-). Der abendliche Check des Wetters ist verheißungsvoll: Keine nachmittaglichen Gewitter auf dem Weg nach Meteora! Dabei heißen die Schattentemperaturen von 36°C in der Sonne dann 46°C! Aber später dazu etwas mehr ...
Morgens ergibt sich vom Balkon ein Blick in die Bergwelt. Dann gibt es das liebevoll zubereitete Frühstück: Die Dame vom Hotel sprach etwas englisch und zeigte auf fast alle Zutaten mit dem Wort 'ecological'. Vor der Abfahrt aus Metsovo sehe ich mir noch die Kirche Agia Paraskevi am platanenbestandenen Hauptplatz an: Hier beeindruckt die Ikonostase (Trennwand in orthodoxen Kirchenbauten zwischen Altarraum und Gebetsraum ähnlich einer Chorschranke oder dem Lettner) mit reichem Bilderschmuck und Schnitzwer!
Dann endlich nehme ich das Dach der Tour in Angriff: In einem großen Bogen (rechts der Beginn) um Metsovo fahre ich bergan und es ergeben sich immer wieder wechselnde Sichten auf den Ort mit umliegenden Bergen! Ich nähere mich auf verlassener Straße und weiten Kurven dem Katara Paß (1.690 m, höchste Erhebung der Tour!): Hier erwartet mich ein ordentliches Plateau, welches auf die früher starke Frequentierung durch KFZ hinweist. Ich mache noch das zu meinen Anfangszeiten mit dem Gios obligatorische Paßphoto. Dann nehme ich die Abfahrt in Augenschein und in Angriff. Dabei rette ich eine Schildkröte von der Straße: Denn was bei uns die toten Igel auf der Straße sind, sind in Griechenland die toten Schildkröten. Vorbei an den typischen Heiligenhäuschen ergeben sich die ersten Blicke auf Felsformationen am Horizont!
So erreiche ich Kalambaka (von wo aus ich schon 1992 mit Petra die Meteora-Klöster erkundet habe): Die Felsenkulisse über der Stadt ist aber immer wieder beeindruckend! Ich entscheide mich für die Weiterfahrt nach Kastraki (Dorfplatz) und eine Übernachtung hier: Die fast dörfliche Atmosphäre steht im Gegensatz zur geschäftigen Hektik der Bahnhofsstadt Kalambaka! Ich beziehe mein Zimmer und mache mich auf zu einer Rundfahrt durch die Klöster; dabei habe ich das Rad wieder in der Sonne stehen gelassen.
Ich verlasse Kastraki und in den Felsen sind die Klöster nicht leicht auszumachen (Kloster: Nikolaos Anapavsas, später mehr dazu). Auf der kurvigen, immer leicht ansteigenden Straße ergeben sich immer neue Blicke auf Felsen und Klöster (Kloster: Rousanou). Auf der Straße ist neben ein paar Fußgängern nicht viel los. Weiter oben ergibt sich dann ein Panoramablick in die Ebene! (Kloster links: Rousanou, rechts hinten: Nikolaos Anapavsas). Und etwas weiter ist der Blick frei auf Kalambaka (Kloster links oben: Agia Triada). Und am Ende der kleinen Rundfahrt erreiche ich das Kloster Agios Stephanos, werde aber wegen meiner Radfahrerkluft nicht eingelassen. Auf dem Rückweg kehre ich noch an der Bar des Campingplatzes 'The Cave' ein, in dem ich 1994 mit Knut gezeltet habe und stärke mich noch ein wenig. Abends ergibt sich dann dieser Kontrast von weißer Kirche und schwarzen Felsen in Kastraki.
Heute starte ich meine dreittlängste Etappe, die aber die anstrengendste werden soll: Die Temperatur steigt von morgendlichen 24°C (Schatten) auf maximal 47°C (Sonne) an! Wie gestern fahre ich durch die felsige Landschaft der Klöster, habe allerdings die lange Hose ganz oben gepackt: Ich will mir das Kloster Nikolaos Anapavsas ansehen. Beim Aufstieg über z.T. in die Felsen gehauenen Treppen scheint es auf und am Fels zu kleben (vgl. die 'casas colgadas', hängenden Häuser, in Cuenca auf der Radtour Spanien 2006). Im Innern gelange ich zuerst in's Refektorium [27.11.2013], welches schon geschmackvoll mit Fresken ausgemalt ist, und dann in's sog. Katholikon, die Hauptkirche: Diese ist hier sehr klein, von einer fensterlosen kleinen Kuppel gekrönt und auch wieder reichhaltig mit Fresken verziert. Gefallen tuen mir aber auch die alten hölzernen Sitzgelegenheiten. Von der (Dach-)Terasse bietet sich dann ein Blick auf Höhe der Felsen über das Tal in die Berge und hinüber nach Kastraki.
Ich steige hinab und fahre auf gleichem Weg wie gestern durch die felsige Landschaft mit der kurvigen Auffahrt vorne im Bild hinauf und nehme jetzt aber den Abzweig nach Vlahava, den ich gestern schon gesehen habe (auf der Michelin-Karte ist der Weg noch als nicht staubfrei, also ohne Asphalt gekennzeichnet). Im Gegensatz zur Hauptstraße verläuft die kleine Straße landschaftlich schön über einen Bergrücken, ist aber fast autofrei! Auf 960 m mache ich eine Frappe-Pause im Ort Vlahava und fahre mit 10% Gefälle auf der anderen Seite wieder hinunter in's Tal, welchem ich nach Osten folge. Auf dem Weg nach Deskati verlasse ich dieses Tal und steige wieder auf 900 m an; hier rette ich wieder eine Schildkröte, die sich in der Sonne an einer Stützmauer abmühte. Deskati erreiche ich zur Mittagszeit bei Bauernsalat, Feta und Amstel (in Griechenland gebraut wurde mir versichert, etwas anderes gab es auch nicht:-)
Im Folgenden geht es wieder hinauf auf 900 m und in einer langen rasenden Abfahrt hinunter zum Fluß Titarissios; kurz vorher werde ich noch in Kefalovrisso - aha, aus Deutschland: Merkel! - zum Frappe eingeladen. Nachdem ich Elassona passiert habe und wieder nach Osten umgeschwenkt habe, wird linkerhand das Bergmassiv des Olymp sichtbar! Da Orte auf dem Weg zur Küste ausgeschildert sind, gehe ich, im Gegensatz zur Michelin-Karte, davon aus, daß durchgehend geteert ist. Und es läuft nach eine Getränkepause in Kallitea ganz gut, bergab ... Allerdings ergibt sich bei dieser Abfahrt ein ganz anderes Bild: Ab dem Flußtal unten, wo ein Biergarten im Schatten der Bäume *andere* zu einer Pause einlädt, steigt die Straße mit durchschnittlich 8,75% auf den nächsten 5 km stetig an! Zwar gibt es weite Bögen und Serpentinen, doch die Straße verläuft fast ständig in der Sonne, bei 45°C: Im Schatten eines Baumes muß ich weiter oben eine Pause einlegen! Und der Kirchturm auf dem Bergrücken markiert zwar den nächsten Ort Kriovrisi - wo ich wieder pausiere, diesmal mit Frappe - doch die Steigung geht danach noch 1,5 km weiter bergan bis auf 1.130 m! (Insgesamt: 7,9 km mit 550 Hm, Ø 6,96%)
Ich freue mich, jetzt geht es bergab und es sind nur noch rund 35 km bis zur Küste! Wenige Orte liegen an der Strecke und die Straße schmiegt sich an den Hang des Bergmassivs des Olymp: So gibt es Wald und ein enger werdendes Tal auf ca. 800 m ..., welches so eng wird, daß die Straße auf den Bergrücken linkerhand ausweichen muß: Es geht nochmals ca. 200 Hm rauf auf über 1.000 m! Jetzt beginnt die Sonne zu versinken und ich bin froh, gar nicht weit in der Ferne, endlich das Meer zu erblicken! Luftlinie sind es jetzt vom höchsten Punkt noch 8 km, doch die Straße muß noch 1.020 Hm verlieren! Das wären im Schnitt fast 13%, eine höllische Abfahrt!
Nach einige Kehren habe ich von 800 m einen Blick in die Ebene am Meer nach Norden, so daß sich für die 10 km lange Abfahrt ein Gefälle von 7,5% ergeben und weitere 6 km bis an's Meer bleiben. Im touristisch übervölkerten Leptokaria, eine Weiterfahrt nach Plaka Litohorou verweigere ich, finde ich ein günstiges Zimmer mit Meerblick, bummel mit den Massen an der Strandpromenade entlang und esse gegenüber dem Hotel ganz lecker.
Früh morgens - ein Blick vom Balkon - mache ich mich aus dem Staub und verlassen den Badeort in der Ebene in Richtung Olymp; die Südumrundung des Olymp habe ich deswegen gewählt, um mir die Ausgrabungesstätte Dion anzusehen: Um 400 v.u.Z. wurden hier erstmals olympische Spiele abgehalten. Die erreiche ich nach kurzer Fahrt kurz vor der Öffnungszeit; so bleibt noch Zeit für einen Frappe und einen Plausch mit den Aufsehern.
Auf meinem Rundgang sehe ich mir zuerst das griechische Theater vor dem Bergmassiv des Olymp an, in dem heute wieder Aufführungen stattfinden. Dann betrete ich durch das südliche Tor der Stadtmauer den Bezirk der antiken Stadt mit seinen - erst in römischen Zeiten - gepflasterten Straßen. Sie entwickelte sich ab dem 5. Jhdt. v.u.Z. und erlebte eine Blüte im 4. Jhdt. v.u.Z. Ich gehe weiter zur Villa des Dionysus, welches das berühmte Mosaik gleichen Names bereithält. Zurück auf der Hauptstraße gehe ich an den vielen kleinen Ausgrabungstrupps vorbei und sehe mich noch die Badeanlage (Thermen) auf 4.000 qm mit komplizierten System der Wasserzuleitung an. Leider ist am Montag das Museum geschlossen:-(
Nach kurzer Weiterfahrt erreiche ich Katerini, wo ich in einem kleinen Imbiß Mittag mache: Mit meinem rudimentären Griechisch habe ich meist keine Probleme, weil ich immer auf sehr hilfsbereite Menschen stoße! Danach wechsel ich über die Hauptstraße auf eine Nebenstrecke an's Meer und erreiche bei dem sehr kleinen Ort Aliki Anlagen zur Salzgewinnung. Hier muß ich auch unbedingt eine Pause einlegen: Es gibt ein improvisiertes, touristisch völlig unbedeutendes Strandvergnügen, welches von einem mobilen Verkaufsstand versorgt wird. Diese elegische Situation genieße ich bei bei einem Alfa.
Der Küste folge ich weiter - dank der maps.google-Karte auf meinem Mobil - auf kleinen Straßen, wundere mich über die eingezeichnete Bahnlinie (ehem. Bahnhof in Makrigialos), die ich nie sehe (klar!) und fahre nach vielen Kilometern entlang der Autobahn - in Ermangelung an Alternativen auch schon mal auf der Autobahn! - auf Thessaloniki! An der Hafenpromenade suche ich ein Hotel, werde dann fündig in der Nähe des Marktes, wo ich mir erstmal ein Kaiser gönne. (Das Henninger Kaiser Pilsner wird in Thessaloniki in Lizenz der Henninger Brauerei Frankfurt gebraut, weil es den Griechen so gut schmeckt:-) (Vgl. auch den Bericht meiner Wintertour 2009/2010 und das abschließende Essen in Patras und die Historie der Mythos Brewery [27.11.2013]: "1968 Founding of Henninger Hellas S.A., by Henninger Brau AG Brewery of Frankfurt, Germany. 1976 Production of Kaiser Pilsner starts in Greece".) Vor dem Schauer sehe ich mir die Ausgrabungen der alten Agora an, während des Schauers esse ich in einem auch bei der Jugend beliebten griechischen Schnellrestaurant (Spata 1; Verschwendung) [27.11.2013] und beschließe den Abend mit einem Frappe.
Bei der weiteren Tourplanung habe ich allerdings ein Problem: Nicht das Wetter, sondern wie ich das Hotel Kavala auf der Insel Thassos [27.11.2013] einbauen kann:-| Denn in Frankfurt gegenüber meiner Wohnung gibt es das Omonia-Restaurant [27.11.2013] von Stamatis und Fotini Pipergias; und die Inhaber haben Familie auf Thassos, welche eben dieses Hotel betreiben. Und dort will ich vorbeischauen! Von Saloniki scheint es mir sehr weit; außerdem hatte ich den Ort Loutra Eleftheron, der eine Heilquelle aufweist, für einen Zwischenstopp in's Auge gefaßt ...
Heute steht die längste, aber nicht die schwierigste Etappe an: 180 km bei 24-35-49°C! Der Blick vom Balkon fällt auf die Markthallen; und bevor ich abfahre, sehe ich mir ein - in schlechtem Bauzustand befindliches - altes Hammm an und werfe noch einen Blick in die zur frühen Stunde recht leeren Markthallen.
Um Saloniki am Meer zu verlassen, muß ich einen Bergrücken überwinden, dazu fahre ich an der alten Stadtmauer aus hellenistischer/byzantinischer Zeit entlang hinauf zu einer Kirche mit Ausblick über Thessaloniki und das Meer. Immer weiter hinauf bis auf 380 m fahre ich durch ein Wandergebiet, schlußendlich mit Rückblick auf Saloniki. Etwas weiter fahre ich an Kalköfen vorbei bevor ich abbiege hinunter zum Lake Koronia und der E90. Der folge ich recht unspektakulär - außer daß ich nach der Pause in Apolonia vorne einen schleichenden Platten habe und repariere - vorbei auch am Lake Volvi, bis ich wieder das Meer bei Asprovalta erreiche (rechts die Halbinsel Halkidiki, links beginnt die Halbinsel Athos, Agio Oros, die autonome Mönchsrepublik); hier mache ich dann Mittag.
Der kaum befahrenen Küstenstraße folge ich ca. 90 km bei Sonnenschein; dabei wechseln nur die Schauerwolken in der Ferne von links mal nach rechts. Außerdem durchfahre ich die Ausgrabung bei Sikia (im Hintergrund rechts) und folge, wann immer möglich, kleinen Nebenstraßen, hier bis Vrisi. Kurz danach passiere ich Loutra Eleftheron; doch es ergibt sich nur eine Straße die einem Tal in's Landesinnere folgt. Kein Hinweis auf eine Ansiedlung oder eine Unterkunft. So entscheide ich mich, was ich gut abschätzen kann, bis Kavala durchzufahren, um spätestens 20:00 die letzte Fähre nach Thassos zu bekommen. Auf der streckenweise menschenleeren Straße komme ich gut voran und erreiche mit einem Blick hinüber auf Thassos am Abend Kavala gege 19:30. Ich habe noch Zeit, mir den ursprünglich römischen Äquadukten anzusehen, der das Tal zwischen der alten und der modernen Stadt überspannt und von Süleyman I. dem Prächtigen (Herrscher des Osmanischen Reiches) im 16. Jhdt. umgebaut wurde.
Ich kaufe mein Ticket, trinke in der Bar nebenan noch etwas und besteige das Schiff mit Blick in den Hafen, welcher der Haupthafen Ostmakedoniens ist von dem Kavala selbst behauptet, es sei der schönste Hafen der Ägäis. Nach der einsetzenden Dämmerung mit Blick auf Thassos erreiche ich den kleinen Hafen Ormos Prinou schon in der Dunkelheit um 21:15. Das Hotel Thassos kennt keiner und im Internet-Cafe erinnere ich mich, daß es ja Hotel Kavala heißt:-) Gegen 22:15 bekomme ich ein Einzelzimmer und nach einem Retsina an der Bar klärt sich, daß ich auf Empfehlung des Omonia aus Frankfurt komme: Die Freude ist groß, ich bekomme noch ein Abendessen und Helen muß noch allen Hotelgästen im Garten erzählen - auf griechisch, englisch und deutsch - daß ich mit dem Fahrrad aus Frankfurt gekommen bin:-)
Das Frühstücksbuffet gibt es im Garten: Toll! Und Helen kümmert sich schon wieder um die Gäste! Es ist halt ein familiär geführtes kleines Hotel! Ich verabschiede mich und nehme die Küstenstraße unter die Räder mit dem Ziel Thassos (im Hintergrund das Festland). Die Küste ist traumhaft schön und unverbaut, das Wasser glasklar! Auf dem kurzen Küstenabschnitt von 17 km beeile ich mich etwas, um die nächste Fähre zu bekommen; und als ich sie von weitem schon im Hafen liegen sehe, lege ich einen Sprint hin. Schnellstens kaufe ich ein Ticket, fahre zur Fähre hinüber, verstaue mein Rad und schon legt sie ab und ich verlasse Thassos!
Von Keramonti fahre ich flach im Nestos-Delta auf die Berge zu, überquere den Fluß Nestos und folge der 2 nach Xanthi, wobei mein Tagesziel Komotini auch schon ausgeschildert ist über die neue Autobahn. Etas später schon mache ich Mittag in Xanthi, werfe eine Blick linkerhand in das bergige Hinterland, während es rechterhand flach zum Meer geht. Auf der fast unbefahrenen Nebenstrecke erreiche ich bei Schönwetterwolken und Sonne, immer der Bahnlinie folgend, Komotini (Blick vom Balkon auf den Hauptplatz). Über Komotini lese ich dann in der Wikipedia: "Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges wurde Komothini griechisch. In der Folge wurde die bulgarische Bevölkerung vertrieben [...] Ungefähr die Hälfte der Einwohner Komotinis sind ethnische Türken mit griechischer Staatsangehörigkeit [...]. Sie wurden in dem Vertrag von Lausanne vereinbarten Bevölkerungsaustausch zwischen Griechenland und der Türkei 1923 ausgenommen, ebenso wie Griechen von Istanbul[...]." Dieser äußerst nordöstliche Zipel Griechenlands hat also schon eine wechselvolle Geschichte hinter sich.
Nach dem Bummel durch die Stadt und dem Abendessen, sehe ich diesen Backgammon-Spielern zu und nehme noch einen griechischen Kaffee; und als ich frage 'Poso?' ('Wie viel?'), winkt der Barkeeper nur ab.
Die zweite Premiere auf dieser Tour: Nach Slowenien will ich heute die Türkei erstmals bereisen! Ich entscheide mich für die - landschaftlich ausnehmend schöne! - Strecke nach Süden durch leichte Hügel. Pause mache ich im netten Ort Xilagani; dann geht es weiter nach Maronia. Nach dem Ort habe ich einen schönen Blick auf's Meer. Am Hang schlängelt sich die kleinste Straße, vorbei an einem Brunnen, mit Blick über die Landschaft und durch Platanen mit fast herbstlich wirkendem Blattwerk! Ab Mesti passiere ich öfters die Via Egnatia: Diese alte gepflasterte Römerstraße von 146 v.u.Z. verlängerte die Via Appia (Rom-Brindisi) durch den heutigen südlichen Balkan von der Adria zum Bosporus. Sie diente dem Warenaustausch genau wie Truppentransporten, was bei einem ausgedehnten Reich wie dem römischen äußert wichtig war.
Durch Alexandroupoli fahre ich einfach durch und nach einer Pause in Feres erreiche ich auf einer Nebenstrecke (rechts die Autobahn) die schwer gesicherte Grenze: Ich verlasse Griechenland und nähere mich auf der Brücke über den Ebros den türkischen Militärposten in der Mitte der Brücke.
Datum | Etappe: Wetter, Höhenmeter | Strecke | nsumme |
---|---|---|---|
2.8.2012 | ... - Ipsala: 27-42°C (Sonne), 219 Hm | 142 | 2.933 |
3.8.2012 | Ipsala - Kesan - Kavakköy - Sarköy: 25-35-44°C (Sonne/Wolken), 902 Hm | 99 | 3.032 |
4.8.2012 | Sarköy - Tekirdag - Marmaraeglisi - Silivri: 26-30~35-44°C (Sonne), 1.010 Hm | 142 | 3.174 |
5.8.2012 | Silivri - Istanbul / Ruhetag Istanbul: 25-35°C (Sonne), 568 Hm | 73 | 3.247 |
6.8.2012 | Ruhetag Istanbul (Sonne) | ||
7.8.2012 | Ruhetag Istanbul (Sonne) | ||
8.8.2012 | Istanbul - Flug - Frankfurt (Sonne) |
Die beiden jungen Soldaten müssen mich natürlich anhalten und wollen meinen Paß sehen. So kommen wir in's "Gespräch" (mit Händen und Füßen): Sie prüfen den Druck in meinen Reifen, ich weise auf die italienische Herkunft des Rades hin und zeige ihnen auf der Landkarte meine Reiseroute bis Istanbul. Ein Photo mit den Grenzern ist nicht erlaubt, das wäre ja auch zu schön gewesen:-) Und als ich den Stempel im zweiten der vier Kontrollstellen abgeholt habe ließ mich der Grenzer im letzten Kontrollposten durch: "Türkiye'ye hosgeldiniz!"
Ich fahre nach Ipsala, will erstmal Geld ziehen, ehe ich nach Kesan weiterfahre. Doch die Einheimischen raten mir von den 'Nebenstraßen' ab: Sie warnen vor wilden Hunden und die Wege seien nicht geteert. Ok, auf den Highway habe ich keine Lust heute abend, so suche ich mir eine Pension und bummel etwas durch den Ort: Dabei werde ich auf dem Hauptplatz, auf dem ein Cafe Tee ausschenkt, angesprochen und zu einem Glas eingeladen. Unterhalten tun wir uns mit etwas Englisch und meinem Langenscheidt Türkisch-Deutsch: So erfahre ich, daß er Kommandeur und seine Frau Krankenschwester ... und z.B. daß der Dritte am Tisch schwach in Mathe ist:-)
Um ca. 20:37 ertönt ein Böllerschuß und der Muezzin ruft zum Gebet bzw. zum Essengehen. Später ist mir das Ritual aber vertraut und ich zucke nicht immer um ca. 20:40 zusammen. Auf dem Weg zur Pension zurück esse ich noch in einem türkischen Schnellrestaurant und trinke kein Bier, sondern Ayran.
Mich erwartet zuerst der Highway durch flache Landschaft: Dieser ist aber so gut wie leer, vierspurig und mit breitem Standstreifen! Wie in Amerika (hier 1996 oder hier 2001) verläuft der Highway schnurgerade; Kesan, Tekirdag und Istanbul sind schon ausgeschildert. Doch den direkten Weg werde ich nicht nehmen: Vorbei an einem Hirten mit seiner Herde lasse ich Kesan links liegen und folge diesem Highway Richtung Süden. Der wird gerade neu geteert, so habe ich eine Fahrbahnseite für mich! Hier endet allerdings der Spaß, doch der Verkehr ist nicht störend. Nachdem ich dann den Bergrücken Kuru Dagi passiert habe auf 320 m, mache ich Pause in einem Restaurant am Wegesrand mit Ausblick auf die Ägäis. Bis auf den Unterschied Bier/Ayran ist das Essen fast griechisch.
Ich überquere den Fluß Kavak, passiere den Ort Kavakköy, fahre die 120 entlang einem See und nach einigen Hügeln und der Abfahrt von 320 m mit Blick auf das Marmarameer erreiche ich die Strandpromenade von Sarköy! Ganz in der Nähe ist ein Motel; vom Balkon habe ich einen schönen Blick auf das Meer! Ich bummel durch den Ort und zum Hafen: Gerne trinke ich bei dem heißen Wetter den cay (Tee). Abends vertrete ich mir die Beine nach dem Abendessen (Mönü: Mercimek Corbasi, Balik, Barbunya Pilaki, Salata, Revani?) im Hotel die Beine auf dem Pier.
Bestes Wetter: Sonne und am Morgen schon 26°C! Ich starte vor dem Hotel auf der Promenade am Marmarameer. Der kleinen im Grund unbefahrenen Straße folge ich direkt am Marmarameer entlang (Rückblick), passiere einen Leuchtturm und steuere auf eine steil abfallende Küste zu. Die Straße beginnt sich an die Steilküste anzuschmiegen und etwas später wird es immer dramatischer! Jetzt stößt der Bergrücken Isiklar Dagi an's Maramrameer, so daß die Straße ab Ucmakdere nur eine Richtung kennt: Steil aufwärts! Ich erreiche zwischenzeitlich 230 m Höhe mit gutem Blick auf das, was mich noch erwartet:-) Auf einer Abfahrt in ein Flußtal erreiche ich 100 m, um dann wieder auf 350 m anzusteigen! Bei der klasse Aussicht und da ich die Straße praktisch für mich alleine habe ist es eine willkommene Abwechslung zu den Highways.
Im Ort Yeniköy entscheide ich mich gegen die nichtbefestigte Straße am Meer entlang, sondern beobachte zuerst die Molche und Frösche im Brunnen, bevor ich mich im Hinterland auf die Abfahrt mache und über Barbaros Tekirdag erreiche. Hier kehre ich direkt am Anfang der Stadt in ein Yachtclub mit guter Aussicht auf das Marmarameer und die Jollen einer Segelschule am Horizont ein. Die Sprachbarriere überwindet eine der Mitarbeiterinnen, sie spricht englisch. Ich ordere einen möglichst frischen Fisch, dazu einen Weißwein der Anbauregion Tekirdag: Einer meiner Schüler mit türkischen Wurzeln kannte sich in der Gegend gut aus und wies mich darauf hin, daß Tekirdag eine eigene Usprungsbezeichnung für Wein hat; außerdem entstehen hier im europäischen Teil der Türkei in diesem im Gegensatz zum Landesinneren eher feuchten Klima ca. 40% der türkischen Weine.
Ich verlasse Tekirdag: Die letzten 116 km stehen also noch an. Rund 10 km später erreiche ich Yenice: Der Highway, dem ich fast ausnahmlos bis Istanbul folge, ist tagsüber wenig befahren; zum Abend nimmt der Verkehr aber zu. Außerdem hat er meist - Ausnahme: 15 km vor und nach Silivri - einen breiten Standstreifen. Da ich vom mörderischen Verkehr in Istanbul gehört habe, will ich möglichst nah an Istanbul heranfahren, um am Sonntag morgens möglichst wenig vom Verkehr abzukriegen ..., was aber utopisch war, später dazu mehr! Ich erreiche Silivri über eine alte Brücke, werde von einem freundlichen Mountainbiker vom Hafen zum besten (und einzigen?) Hotel am Platz eskortiert: Die Architektur ist beeindruckend! Abends bummel ich am Hafen entlang wie offenbar die halbe Stadt und lasse mir zwei Runden Meze schmecken: Runde 1 u.a. mit Makrele in Öl und geminztem Joghurt, Runde 2 u.a. mit Thunfisch, eingelegten Sardellen und Erbsencreme, dazu gab es immer Weißwein aus Tekirdag.
Ich bin um 7:00 erster beim Frühstück auf der Dachterrasse im 8. Stock. Bei der Anfahrt auf die ersten Vororte Istanbuls mit Funkturm in Beylikdüzü um 8:40 hält sich der Verkehr noch in Grenzen. Und selbst 9:10 ist der Highway leer. Ich lege eine kleine Pause ein mit Rückblick auf die ausufernden neuen Stadtviertel der Milionenstadt Istanbul. Am Flughafen Atatürk, von dem ich abfliegen werde, fahre ich auf Nebenstrecken, um etwas später wieder auf dem Highway die alte Stadtmauer zu passieren. Und schon bald ergibt sich das Panorama auf Istanbul und Bosporus! Von da ist das Ziel, das Side Hostel, nicht mehr weit: Die Küstenstraße am Maramarameer verlasse ich und fahre auf die Minarette der blauen Moschee zu und gelange direkt zum Hostel (gegenüber dem Vier Jahreszeiten;-)
Nach dem Verstauen des Rades und Beziehen des Zimmers verschaffe ich mir von der Dachterrasse einen Überblick über Blaue Moschee und Hagia Sophia. Dann mache ich mich auf den Weg zum ersten Rundgang: An der Hagia Sophia vorbei (die Schlange ist mir einfach zu lang) und durch den Gülhane Parki (neben dem Topkapi-Palast), in dem ich auch auf das Istanbul Museum für die Geschichte der Wissenschaft und Technik im Islam [27.11.2013] aufmerksam werde (später dazu mehr), gehe ich zum Bosporus und fahre mit dem Vapur (siehe Venedig) hinüber nach Asien in's Stadtteil Üsküdar. Vor hier habe ich einen Blick zwischen den Fähren hindurch zum eruopäischen Teil und zur 1. Bosporus-Brücke (1973). Ich folge bei meinen drei Tagen in Istanbul im wesentlichen den Vorschlägen und Anregungen des SZ-Korrespondenten Kai Strittmatter 1001 schöner Ausblicke [27.11.2013]. Vom Fähranleger lasse ich mich durch den Markt treiben und genieße die 1001 Düfte, bestaune die Fischauslage und lasse mich zu meinem ersten Balik Ekmek hinreißen. Dann sehe ich mir die Yeni Valide Cami (Neue Valide Moschee) an: Am Minarett vorbei betrete ich durch ein Tor den Innenhof mit Brunnen (für rituelle Fußwaschungen?). Der Hof ist schattig, es geht ein frischer Wind vom Bosporus herüber, so mache ich eine kleine Pause. Nebenan gibt es auch Grabsteine(?) auf dem historischen Friedhof. Auf dem Weg zum Anleger komme ich an diesem monumentalen Marmorbrunnen vorbei: Früher sicher für die Wasserversorgung gedacht, bietet er heute einen kleine Erfrischung.
Mit dem Vapur geht es zurück nach Europa ..., natürlich mit Blick auf die 1. Bosporus-Brücke: 1.500 m lang, 64 m hoch und seit 1979 Teil des Istanbul-Marathons. Ein eindrucksvoller Blick! Ich setze den Rundgang im Stadtteil Beyoglu fort und starte am Taksim-Platz den Gang durch die Fußgängerzone Istiklal Caddesi: Schon zu osmanischen Zeiten lagen viele Botschaften an dieser Prachtstraße; heute zeugen Gallerien und prächtige Fassaden noch davon. Für einen abendlichen Imbiß lasse ich mich in der Asmali-Mescit-Straße nieder und bestelle Meze: U.a. geminzten Joghurt und Erbsenpaste, dazu trotz Sonne und Ramadan ein Efes. Abends erkundige ich mich bei einem originalen alten türkischen Hamam nach Öffnungszeiten und bummel an den Auslagen eines sog. 'Nachtischpalasts' vorbei.
Mit einem Blick auf die Blaue Mochsee gehe ich um die monumentale Hagia Sophia herum (heute am Montag ist Ruhetag), sehe mir den Brunnen vor dem Eingang zum Topkapi-Palst mit seiner Kalligraphie an und besuche das Istanbul Museum für die Geschichte der Wissenschaft und Technik im Islam: Dort werden Uhren, Sextanten, Globen, Bauwerke zur Sternbeobachtung und Wasserbeförderung gezeigt, erklärt und in den historischen Kontext gestellt. Als alter Maschinenbauer bin ich Stunden in dem Museum geblieben! (Eine vollständige Übersicht gibt der Katalog [27.11.2013].) Und jetzt kommt das, worauf ich mich schon die letzten Tage und Wochen gefreut habe: Ein Besuch im Cemberlitas Hamam von 1584 (hier die mehrstöckigen Umkleiden der Männer)! Ich genieße die Hitze auf der warmen Marmorplatte, den moderigen Geruch, das gedämpfte Lichte das durch die Glaselemente der Kuppel einfällt, die Abkühlung mittels Schalen voll kaltem Wasser ..., gekrönt von einer Massage!
So wiederhergestellt besuche ich den Großen Bazar von 1461, der aber eher touristische Angebote bereithält. Das Getümmel habe ich satt und besuche eine weitere Moschee: Yeni Cami, die Neue Moschee on 1663. Über den Innenhof mit seinem Brunnen und vorbei am Minarett sehe ich mir die Kacheln mit Kalligraphie und Mustern sowie reichverzeirten (Gebets-)Nieschen in der Vorhalle an. Innen beeindrucken mich die größtenteils mit Kacheln verzierten Wände und die imposante Größe mit den insgesamt 66 Kuppeln! An der Außenwand gibt es noch Wasserbecken für Reinigung oder Erfrischung. Zum Sonnenuntergang fahre ich mit dem Vapur wieder nach Üsküdar auf der asiatischen Seite, genieße mein Balik Ekmek, besteige die Fähre im Hafen und werfe noch einen abendlichen Blick über den Bosporus. Wieder in Europa lasse ich im Cafe an der Kaimauer mit Blick über den Bosporus den Abend hereinbrechen, den ich dann unter der Galatabrücke bei einer Makrele mit Meze und Blick auf die Neue Moschee ausklingen lasse.
Kurz nach der Öffnungszeit um 9:40 finde ich mich in der noch kurzen Schlange vor der Hagia Sophia ein, nach 15 min kann ich den Innenraum schon betreten. Von der (ehem. Frauen-)Galerie bietet sich ein imposanter Blick in den Kirchenraum. Dieser Kirchenbau wurde 532 begonnen, ist also knapp 1.500 Jahre alt! Er war ursprünglich christlich, 1453 fiel er an die Osmanen und wurde in den Folgejahren zur Moschee transformiert: Der Halbmond ersetzt das Kreuz, Mosaiken werden entfernt oder übermalt, Minarette ersetzen die Glocken, Bauteile zur Nutzung als Moschee eingefügt, u.a. die Sultansloge, Podest für den Muezzin, Mihrab etc. 1931 wurde die Kirche/Moschee säkularisiert und als Museum eingerichtet und 1935 zugänglich gemacht. Auf der Südemproe wurde Maria, Jesus Christus als Pantokrator und Johannes der Täufer auf einem Andachtsbild als Mosaik wieder freigelegt (14. Jhdt.). Nochmals Christus Pantokrator befindet sich über der bronzenen Kaisertür, durch die nur der Kaiser eintreten durfte (9. Jhdt.). Der Einbau der Mihrab erfolgte an der ehem. Stelle des (Hoch-)Altars, allerdings nicht leicht schief, sondern nur exakt nach Mekka ausgerichtet: Hier stimmen Richtung nach Osten (Christentum) und nach Mekka (Islam) fast überein. Aber ob das immer so stimmt, wer weiß ... Nach drei Stunden verlasse ich das Museum.
Auf dem Vorplatz verläuft der einzige Radweg Istanbuls, an den ich mich erinnern kann; Fahrradfahrer habe ich aber dort nicht gesehen;-) Ich will noch ein empfohlenes Restaurant aufsuchen, welches etwas außerhalb liegt: So begebe ich mich zu den Fähranlegern an der Galatabrücke und kaufe ein Ticket, welches mich bis kurz vor das Schwarze Meer bringt (im Hintergrund). Von dort fahre ich mit dem Bus nach Yeniköy, um im Spor Kulübü am Bosporus, "seit Jahren die inoffizielle SZ-Kantine", Mittag zu essen (Balik Corbesi, Köfte mit Pommes, Reis und Tomate; mit Blick auf die zweite Bosporus-Brücke Fatih-Sultan-Mehmet). Und so wie die Sonne sich am Abend über dem Bosporus veranschiedet, so verabschiede auch ich mich aus Istanbul ...
... das geht eigentlich ganz schnell: Ein letztes Frühstück auf der Dachterrasse des Side-Hostels mit Blick zur Blauen Moschee und über den Bosporus nach Asien, dann fahre ich mit dem Rad zur Metrostation Cankurtaran (400 m), mit der Metro nach Yesilyurt (45 min) und mit dem Rad zum Flughafen (5 km). Die Schlange am Schalter ist kurz, vorher noch den Radtransport bezahlen (unverpackt, 30 Euro) und zum Gate. Als ich mit dem Vorfeldbus am Flugzeug ankomme, lehnt das Gios schon am Gepäckwagen und wartet auf Verladung. Der Flug ist, im Gegensatz zur Fahrt mit dem Rad, sehr kurz mit 3 Stunden (hier zwischen Passau und Regensburg). Nachdem ich das Rad am Sperrgutgepäckschalter in Empfang nehme, ist soweit alles heil; nur fällt mir dort schon auf, daß der Hinterreifen nicht mehr ganz neu ist. Mit der S- und U-Bahn geht es dann nach Hause.
Hier fühle ich mich, wenn ich am Main entlang fahre, laufe oder gehe, bisweilen wie am Bosporus in Istanbul, wenn ich an Merals schwimmender Dönerbude vorkomme.
Einmalig! Und es hat gerade so gepaßt: Schade, daß ich auf Thassos nicht noch einen Tag bleiben konnte:-| Vielfältig ist die Reise gewesen: Ab und zu habe ich mir ja vorgestellt: "Ich fahre gerade auf Bayreuth, doch das Ziel ist Istanbul: Wow!" Und im Nachgang der politischen Entwicklung in der Türkei - im Mai 2013 (kein Jahr später!) begannen die sog. 'Proteste in der Türkei' [10.9.17] - wird die Reise und der Aufenthalt in Istanbul immer wertvoller:-)