Winterwetter: Schaut man aus dem Fenster, muß man ja schon froh sein, wenn es nicht dauerregnet:-| Vorfreude kommt nur auf, wenn man den Blick nach Süden wendet:-)
Bewegungszeit: Nein, kein Training mehr! Aber da schon die Herbstradtour ausgefallen ist wegen schlechten Wetters, will ich zwischen den Jahren unbedingt losfahren: Die Bahn bringt mich nach Narbonne; und von Barcelona zurück. Dazwischen liegen über 1.000 km mit dem Rennrad: Die Corbieres-Berge in Südfrankreich und die Cote Vermeille, ein hügeliger Grenzübertritt nach Spanien mit dem Col de Banyuls, das Ebrodelta und die katalonischen Weinanbaugebiete im Hinterland. Hier der Reisebericht mit Photos. Leider fahre ich angeschlagen los; und komme auch genauso wieder:-|
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Zuerst fahre ich Richtung Süden (Hinfahrt); hier durch die Reisanbauflächen im Ebrodelta auf St. Carles de la Rapita ... |
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... dann wieder nach Norden (Rückfahrt); hier im Weinanbaugebiet DOQ Priorat (Cal Grau) zwischen El Molar und El Lloar. |
A.S.: Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen (Grüne): "Wir erleben zurzeit eine starke Infektwelle, viele Menschen sind krank." Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts wurde der vorläufige Höhepunkt von Atemwegserkrankungen in Deutschland Mitte Dezember erreicht. [Erste Ansteckung in Berlin am 16./17.12.23.]
In Spanien hat das nationale Gesundheitsministerium das Tragen einer Maske in allen Gesundheitseinrichtungen von Mittwoch an wegen einer starken Infektionswelle wieder zur Pflicht erklärt. [Zweite Ansteckung in Oropesa am 29./30.12.23] Nach Angaben des des[sic!] nationalen Gesundheitsinstituts Carlos III. war laut den jüngsten verfügbaren Zahlen vom 4. Januar zuletzt ein Anstieg der Grippeinfektionen um 76 Prozent [...] zu verzeichnen. Quelle [11.1.24].
Landkarte Frankreich von Narbonne über Col de Banyuls bis Castello d'Empuries in GROSS (3 MB) und klein sowie Spanien von Perpignan über Col de Banyuls nach Oropesa und zurück nach Barcelona in GROSS (19 MB) und klein.
So., 24.12.23: Pünktlich 13:56 Uhr startet der TGV Duplex in Frankfurt mit Fahrtziel Marseille; im Multifunktionsabteil der 1. Klasse ist genug Platz auch für's verpackte Rad. Nach der Ankunft reicht es noch für Moules frites am festlich geschmückten Hafen. 70 EUR
Mo., 25.12.23, Narbonne: Wieder pünktlich erreiche ich nach 3 Stunden Fahrt den Bahnhof von Narbonne um 10 Uhr bei bestem Wetter. Und außerplanmäßig hätte ich sogar direkt Anschluß nach Perpignan! Die SNCF halt ...
Etang de Bages: Dieser Binnensee ist ein Naturparadies. Vorbei an Flamingos schweift der Blick weit: Im Osten das Meer, im Westen die Berge. Die Orte Bages und besonders Peyriac laden zum Verweilen ein.
Corbieres-Berge: Zwischen Narbonne und Perpignan, hier im Süden Frankreichs, erstreckt sich das Bergland der Corbieres von der Mittelmeerküste (Cap und Etang Leucat) 130 km landeinwärts; auf halbem Weg ungefähr liegt Carcassonne. Dieser dünn besiedelte Landstrich ist durch den Weinanbau charakterisiert; im Hintergrund Chateau d'Aguilar (durchfahrene AOC: Corbieres, Fitou, Cotes-du-Roussillon-Villages). Einkehrmöglichkeiten sind rar; gefürchtet ist der Tramontane, ein kalter und bisweilen starker Fallwind aus den Bergen zum Mittelmeer. Die Pässe haben moderate Höhen, zwischen z.B. 251 m (Col d'Extrem) und 432 m (Grau de Maury) bzw. 599 m (Col de la Louviero) und 752 m (Col de la Redoulade); die Corbieres steigen nach Westen halt an. KFZ-Verkehr gib es fast kaum und bei der Landschaft und den Blicken bis hin zu den Pyrenäen geht einem das Herz auf!
Perpignan: Hier in Catalunya del Nord (Nordkatalonien) prallen (süd-)französische und (nord-)spanische Einflüsse aufeinander. So gibt es z.B. Moules a la soubressade, französische Moules frites kombiniert mit der mallorquinischen Sobrasada de Mallorca [7.1.24], einer luftgetrocknete, streichfähige Rohwurst. Und beim weihnachtsmarktähnlichen Treiben werden Austern und Weißwein angeboten.
Und als ich abends die Treppen im Hotel hochsteige, erschrickt mich dieses grimmige Gesicht: Der hochgezwirbelte Schnurrbart - klar! - eindeutig der Surrealist Salvador Dali [7.1.24]. Doch was zürnt ihn? Der späte Hotelgast? Oder, passend zum 100. Geburtstag, daß das Bild schief hängt? 94 km Ø 19,5 km/h (4:48) 870 Hm; windig/Rückenwind; 80 EUR
Di., 26.12.23, Cote Vermeille: Vom Landesinneren (durchfahrene AOC: Cotes-du-Roussillon), über Argeles-sur-Mer, schmiegt sich die Küstenstraße jetzt an die Ausläufer der Pyrenäen, die Massif des Alberes, die hier in's Meer abfallen (durchfahrene AOC: Colliour, Banyuls). Geprägt von intensivem Weinbau schlängelt sich die Straße auf und ab durch die Weinberge und passiert die pittoresken Orte Colliour, Port Vendres (wo ich nett eine Pause in einer Art improvisiertem Getränkeausschank einlege mit Blick auf den Hafen) und Banyuls-sur-Mer (und im weiteren Verlauf Cerbere und Portbou): Collioure und Port Vendres sind dabei untrennbar mit dem schottischen Architekten Charles Rennie Mackintosh [7.1.24] verbunden, einer tragischen Figur. In Banyuls zweigt allerdings auch die Straße zum Col de Banyuls ab (zuletzt mit 2 kurzen steilen Abschnitten); einem Grenzübergang nach Spanien, der eigentlich gänzlich Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist und direkt in die DO Emporda führt. So umgehe ich zwar den schönen Küstenabschnitt im Grenzbereich (Cerbere / Portbou) und den Parc Natural del Cap de Creus; doch das Hinterland gefällt mir von Mal zu Mal besser ...
Espolla: Nach der Einkehr und Stärkung in der Cafe Bar La Fraternal, dem lokalen Treffpunkt in Espolla, erwarten mich leere Straßen und immer leichtes Gefälle in Richtung Küste; zuletzt auf Nebenstrecken erreiche ich L'Escala (mit Blick auf Roses), bekannt für die qualitativ hochwertigen Anchovis, die überall angeboten werden ..., wenn nicht gerade geschlossen:-| Die ehemalige Pension mit Restaurant El Roser haben wir noch unter spanischer Führung kennengelernt (19/20); das Jahr nach Corona (20/21) war sie dann geschlossen, wie aufgelassen (21/22): Restaurant und Pension. Im folgenden Jahr schien sie, ohne Betrieb des Restaurants, unter asiatischer (22/23), dieses Jahr (23/24) dann unter italienischer Führung zu stehen:-| 107 km Ø 20,8 km/h (5:09) 1.041 Hm; kurz/kurz, bis 22,5°C; 50 EUR
Mi., 27.12.23, Les Gavarres: Durch die vom Ter durchflossene Ebene erreiche ich den Gebirgszug, ein Dorado für Rennradfahrer: Tolle Landschaft, wenig KFZ-Verkehr, kurvige Bergauf- und -abfahrten ohne große Schwierigkeiten! Am Ende warten die beiden unaufgeregten Kleinstädtchen Cassa de la Selva und noch besser Caldes de Malavella (Einkehr in der Bar Rosa mit Blick in die Wetteraussichten der lokalen Tageszeitung) inklusive alten römischen Bädern [8.1.24] und Thermalbad, welches Züge des Modernisme (spanischer Jugendstil) aufweist und jetzt als Hotel genutzt wird. Damit wäre Baix Emporda schon durchquert.
In wenig aufregender Fahrt, mit ständigem Gegenwind und zuerst leicht ansteigend, dann leicht abfallend, erreiche ich in der Vorküstenebene zwischen den (Vor-)Küstengebirgen Montseny und Montnegre bzw. el Corredor folgend Granollers: Hier heitern mich architektonische Gegensätze - bei der Churreria gibt es jedes Mal eine Schlange! - auf sowie ein wenig touristisches gastronomisches Angebot (mit Weißwein von Alella): 122 km Ø 20,6 km/h (5:55) 1.180 Hm; 9:00 Uhr -1°C, 11:00 Uhr 10°C, 16:30 Uhr 16,3°C; 54 EUR (ohne Frühstück)
Do., 28.12.23, DO Alella: Auf dem Weg nach Barcelona durchfahre ich die DO Alella, welches das kleinste der katalonischen Weinbaugebiet mit geschützter Herkunftsbezeichnung ist. Dazu überquere ich das Küstengebirge mit ca. 285 m Höhe.
Wieder wenig touristisch, vielleicht wegen abseitiger Lage vom Meer, erlebe ich eine unaufgeregte Kleinstadt beim Frühstück. In Barcelona schaue ich nur nach dem Baufortschritt [8.1.24] der Famila Sagrada. Beim Verlassen der Stadt entscheide ich mich dann doch für eine kleine Mahlzeit in der Markthalle Mercat del Ninot: Das Triathlon-Trikot der Eintracht stellt schnell die Verbindung zu Eintracht-Fans aus Rüsselsheim her, an die der Wirt noch gute Erinnerungen hat seit dem Spiel Barcelona-Eintracht 2022.
Ebrodelta: Über Sitges 84 km Ø 20,03 km/h (4:11) 710 Hm; (leidlich Sonne), +1~19°C; 66 EUR ...
Fr., 29.12.23: ... erreiche ich - zum Ende hin auf einer kleinen Nebenstrecke! - L'Ampolla; 133 km Ø 22,3 km/h (5:59) 1.152 Hm; (leidlich Sonne) Wolken (z.T. Rückenwind); 74 EUR
Sa., 30.12.23; dort starte ich bei bestem Wetter durch die endlosen Reisanbauflächen vorbei an Fabriken zur Reisverarbeitung. Auch hier: Wenig KFZ-Verkehr, kleine Straßen, viel Natur. Und immer ein Blick auf die Küstengebirge im Hintergrund. In St. Carles de la Rapita (Leuchtturm) mache ich Pause, wie immer:-)
Zwischen Vor- (Les Talaies d'Alcala) und Küstengebirge (Serra da Irta) hindurch und an Alcossebre vorbei erreiche ich durch ein ausgestorbenes Marina d'Or und zuletzt auf dem Bahnradweg Via Verde Oropesa-Benicasim die Finca von Torsten und seinen Freunden. Den Sonnenuntergang füllt sich die Veranda und ich werde mit einem Bier begrüßt. (Hier findet dann aber meine Leidensgeschichte vom Beginn der Reise seine Fortsetzung.) 122 km Ø 23,4 km/h (5:13) 549 Hm; 6~16/18°C (26°C); 25 EUR (mit Halbpension)
So., 31.12.23: Tags drauf (die Finca vom Bahnradweg) fahre ich zuerst durch Oropesa auf recht ähnlicher Strecke zurück, mit einer Einkehr im Roadhouse bei Alcala de Xivert und in Vinaros, schlage dann aber abwechslungshalber den etwas kürzeren Weg durch's Hinterland ein, so daß ich mit ersten Sonnenstrahlen des Tages mein Hotel in Tortosa am Ebro erreiche. Die Sonne reicht noch für einen kleinen Stadtrundgang der für mich neuen Stadt: Die alte Eisenbahnbrücke, Panorama am Ebro mit der Markthalle von 1886, dem Bischofspalast in zwei Ansichten, der unvollendeten Kathedrale (an der hunderte Jahre gebaut wurde) [14.1.24], ein Haus im spanischen Jugendstil (Modernisme) 113 km Ø 24,3 km/h (4:38) 572 Hm; Wolken ~ 10 Uhr/10°C ~ 14 Uhr/14°C, am Ende Sonne; 35 EUR
Mo., 1.1.24, Terra Alta, Montsant und Priorat: Die heutige Etappe durch's Hinterland stellt für mich völlig neues Terrain dar; hingewiesen wurde ich vorab schon auf den bergigen Charakter der Strecke. Naja, ich wollte es ja so. Nach dem Frühstück zum Einrollen folge ich dem Ebro, z.T. auf dem recht schlecht geteer- und geführten Bahnradweg Via Verde del Baix Ebre; schnell bin ich aber wieder auf der Straße, zumal heute am 1.1. kaum KFZ unterwegs sind. Nach rund 15 km verlasse ich das Tal und nehme den ersten Anstieg hinauf nach El Pinell de Brai: Hier im Weinanbaugebiet DO Terra Alta erwartet mich die Catedral del Vi. Ein Weinkeller der Winzergenossenschaft im modernistischen Stil erster Güte! Leider hat er gerade nicht geöffnet:-( [11.1.24] Tolle Landschaft erwartet mich im weiteren Verlauf bis Miravet (mit klasse Architkektur von 1928); zuerst leicht ansteigend, zum Schluß mit einer rauschenden Abfahrt zurück in's Ebrotal. Dummerweise fahre ich in Benissanet am Cafe mit sonnenbeschienener Außenfläche vorbei. Mora d'Ebre etwas später enttäuscht diesbezüglich, so daß ich erst in Mora la Nova wieder fündig werde für einen Mittagspause mit Boccadillo de Queso y Sobresada und lokalem Wein (Los dies 31; 1 obert de 8 H a 15 H). Der Hauptstraße folge ich bis Garcia; hier biege ich für längere Zeit auf kleinste Nebenstrecken ab! Die Landschaft hier im trockenen Hinterland ist einmalig schön: Zuerst selten, später immer häufiger vom Weinanbau geprägt. Nach der Terra Alta erreiche ich (Behindset-Tour nur echt mit Spiegelphoto:-) die DO Montsant auf El Molar, etwas später nach dem Ort dann die darin eingebettete DOQ Priorat mit seinen Weinterrassen, passiere den einen oder anderen Winzer, genieße die Sonne und freue mich über die Höhenmeter abseits der meist zersiedelten Küste. Das Priorat ist zudem extrem dünn besiedelt. Ich verzettel mich zeitlich etwas und will eigentlich ein Hotel in Reus erreichen. Doch dazu muß ich mich sputen! Es hilft dabei, daß heute eigentlich nichts offen hat und so zu einer Pause zur Weinverkostung einladen könnte. Doch ein paar Kilometer und Höhenmeter liegen noch vor mir, so gebe ich etwas Gas: Vorbei an Gratallops und (dem Abzweig nach) Torroja mache ich mich an den Anstieg hinauf nach Escaladei (ja: Wörtlich die Gottesleiter; im Hintergrund der Gebirgszug Serra de Montsant) vorbei an einem *****-Hotel und der Unterkunft in Poboleda: Ich traue mir ja einiges zu auf dieser unbekannten - aber landschaftlich sehr schönen! - Strecke. Aber nach einer Woche auf dem Rennrad fühle ich mich sichtlich wohl und die Kraft stimmt. Zumal: Das 'Aufgeben' ist so einfach, so süß. Und eigentlich ist es nur noch ein Anstieg hinauf zum Col d'Alforja 641 m; die Sonne verläßt mich, als ich diesen auf der C 242 erreicht habe; das Thermometer fällt schon auf 8°C, ich packe mich für die Abfahrt warm ein, ein letztes Photo in die Ebene und auf's Meer. Mit Höchstgeschwindigkeit rausche ich die letzten 20 km nach Reus hinein und beziehe im Hotel Gaudi [23.9.24] mein Zimmer im 8. Stock bei untergehender Sonne und herrlicher Aussicht! Wie in Sitges (Perbacco) und Granollers (La Vermood) [14.1.24] finde ich auch hier eine Kneipe - nach einer kleinen Vorspeise, die mich eher an L'Escala erinnert, die lokale Weine glasweise ausschenkt (L'Absis): DO Montsant (cingles blaus), DOQ Priorat (De Muller), DO Terra Alta Negre (Samerola), DO Terra Alta Blanc (Samerola). 122 km Ø 20,8 km/h (5:51) 1.721 Hm; 9:45 Uhr 10/12°C (bald sonnig), 8/10°C; 70 EUR
Di., 2.1.24: Das Umfeld Tarragonas meidend fahre ich im Hinterland mit mancher unorthodoxen Abkürzung bis Torredembarra an's Meer und mit heftigem Rückenwind über Calafell, Sitges und Castelldefels nach Barcelona (Messeviertel). 118 km Ø 21,8 km/h (5:25) 916 Hm; RÜCKENWIND, 7/8~16/17°C (14°C); 42 EUR (ohne Frühstück)
Mi., 3.1.24: Den folgenden halben Ruhetag verbummel ich in der Markthalle Mercat del Ninot und bei einem Spaziergang hinauf zum Montjuic. Pünktlich 16:34 Uhr verlasse ich Barcelona Sants mit dem AVE und erreich fast genauso pünktlich Marseille. Hier reicht es abends/nachts noch für Moules frites; der Pastis anschließend fällt allerdings aus. 70 EUR
Do., 4.1.24: Am nächsten Morgen nach dem Frühstück geht der TGV genauso pünktlich weiter; in Karlsruhe steige ich in den ICE 4 um (der TGV endet wegen der Sanierung der Riedbahn in Mannheim), der mich die Bergstraße entlang nach Frankfurt bringt.
Fazit: Das Wetter war halb sehr gut; neben den eher langweiligen oder Abschnitten mit viel KFZ gab es zwei Tage mit landschaftlich extrem schönen Strecken. Insgesamt also eine 2- als Schulnote! Ärgerlich war nur, daß ich halb gesund losgefahren bin und mich dann bis Oropesa fitgefahren habe; mir dort aber wieder einen Infekt eingefangen habe, den ich mit nach Hause genommen habe:-| Aber insgesamt sind 1.051 km Bewegung zusammengekommen; also fast 120 km/Tag! Und auf lange Sicht überwiegen ja eh die positiven Eindrücken;-)