A.S.: Ausrüstung und Bewertung der Pässe vgl. die Alpentour im Jahr 2002 (Prolog/Vorbemerkung).
Es geht gegen 11:00 los in der Klenzestraße (520m). Schönes sonniges Wetter
begleitet mich aus der Stadt heraus. Zuerst geht es durch den Perlacher Forst
und über kleine Dörfer nach Großdingharting [Sic! Es gibt auch
Kleindingharting!] An der Isar entlang erreiche ich Bad Tölz. Hier schaue ich
mir die sehenswerte Innenstadt an. Es ist ideales Radfahrwetter!
Über die Dörfer - versehentlich folge ich einem Radwegweiser in Richtung
Lengries: Dieser führt mich zuletzt über grobschottrige sog. Forst-Highways; an
einer Eiskante muß ich dann sogar ganz schnell aus dem Pedal raus! - komme ich
bei Fleck dann auf die B13, der ich zum Sylvensteinstausee folge. Dabei geht es
durch immer noch verschneite Waldstückchen, deren Passage daran erinnert, als
würde die Kühlschranktür offen stehen. Am Sylvensteinstausee geht es auf fast
leerer Straße - die Mautstraße nach Wallgau ist bis 7.4. wochentags gesperrt:-)
sehr nett nach Vorderriß. Hier ist die Mautstraße wirklich gesperrt, doch nur
für KFZ. Radfahrer können bequem passieren. Dies ist wirklich eine sehr schöne
Strecke: Nette Vegetation, leicht hügeliges Gelände und immer schön an der Isar
entlang.
Auf der B11 mach' ich in Krün (875m) Mittagspause, leider
ziehen jetzt leichte Wolken auf und nach Mittenwald erreiche ich den
Scharnitzpaß (955m -/-/- -), welcher eigentlich gar kein Paß ist (es
stehen dort nur ein paar verlassene Zollgebäude), denn danach geht es bis
Seefeld (1200m) weiter z.T. kräftig bergan. Nach Seefeld allerdings sind ca. 10
km Abfahrt in's Inn-Tal angesagt! Zuerst geht es mit 6, dann 8 und zuletzt 16%
runter. Dabei ist die Strecke - natürlich - größtenteils für Fahrradfahrer
gesperrt:-( Aber wen stört das schon, wenn man mit knapp 85 km/h selbst die
Autos überholen würde:-)
Innsbruck erreiche ich dann am späten Nachmittag, quere die Stadt bei mäßigem
Verkehr und verlasse sie sodann nach Süden in Richtung Brennerauffahrt. Und
tatsächlich geht es hinter der Stadt erstmal bergauf in paar Serpentinen:-|
Dann schlängelt sich die Strecke am Berg hinauf, aber immer schön
moderat. Unter der Europabrücke durch wird es dann etwas kurviger und
landschaftlich schöner, auch nimmt der Verkehr fast bis auf den Nullpunkt ab!
Gegen 18:00 erreiche ich Schönberg im Stubaital (ca. 900m). Dort bekomme ich
nach einigem Nachfragen im Hotel Stubaital noch ein Zimmer: Denn es ist
Skisaison - damit hätte ich ja gar nicht gerechnet! - und die vollbesetzten
Busse belegen alle Doppel-, die Busfahrer alle Einzelzimmer.
Der Tag hat sich für Sonne entschieden;-) Nach einem guten Frühstück mache ich
mich auf den Anstieg zum "Paß": Da ich mich nicht warmfahren kann, freue ich
mich über die erstmal kaum ansteigende Strecke bis Matrei. Die Sonne wärmt
alsbald auch schon kräftig, so daß ich in kurz/kurz fahren kann. Nach Steinach
wird die Landschaft etwas reizvoller und 2 km vor dem "Paß" geht es dann für 1
km mal richtig zur Sache. Was mich dann am "Paß" erwartet, hatte ich gar nicht
mehr so richtig im Gedächtnis: Eine 12-spurige Autobahn-Mautstelle, eine
10-gleisiges Rangiergelände der Bahn, eine touristisch überlaufene und
ausgeschlachtete Stadt und viele verlassene Grenz- und Zollgebäude:-( Häßlicher
geht es nicht.
Für das obligatorische Paß-Photo halte ich nicht an und ich
werde beim Brenner (1374m */-/-) auch in Zukunft nicht mehr von einem
"Paß" sprechen, denn weder die Auffahrt, der "Paß" selbst noch die Abfahrt sind
irgendwie erlabend (wenn man schon z.B. den Albula, den Gr. St. Bernard oder
den Galibier gefahren ist)! Mit seinen 1374m ist er eigentlich auch nicht der
Rede wert. Ohne irgendwie von Interesse zu sein geht es in Italien jetzt über
Sterzing, Franzensfeste (tolle Festung, leider nicht gut in Schuß:-| Brixen und
Klausen bergab. Dabei lohnen die Ortsdurchfahrten, denn diese sind für
Autofahrer gesperrt und für Radfahrer durchweg frei: Es laden Cafes und
Gelaterien in den sehr schönen Innenstädten - bei den Ortseinfahrten hätte ich
das nicht vermutet! - zum Verweilen ein.
In Klausen (523m) stärke ich mich bei einer Pizza für die nun folgende Auffahrt
zum Passo di Sella. Irgendwie war ich mir den damit verbundenen Höhenmetern
nicht im Klaren: Denn davon gibt es jetzt reichlich, genau 1721 Hm! Aus Klausen
geht es jetzt erstmal ruppig heraus, um dann in eine moderate Steigung
überzugehen. Schnell gewinne ich an Höhe und lasse das Tal unter mir
verschwinden. Dann biegt die Straße nach Osten (links) ab mit einem schönen
Blick in das Eisack-Tal mit paar Burgen im Dunst. Es handelt sich um eine
kleine zweispurige Straße mit sehr schöner Landschaft und zwei kleinen
Tunnels. Bis St. Ulrich (1240m) schlängelt sich die Straße reichlich mit
schöner Aussicht rechts in das Val Gardena. Danach folgt bis St. Christina ein
recht flaches und langweiliges Stück, nur um danach wieder kurviger
anzusteigen. Und bei der Durchfahrt durch das Ski-touristisch geprägte
Wolkenstein - es dröppelt ein bißchen bei gleichzeitiger Sonne mit scharfem
Schatten - mit tollem Blick auf den im oberen Teil in Wolken gehüllten
Langkofel (3181m) ziehe ich mir Handschuhe und die orange leichte Fahrjacke
über. Mit tollen Ausblicken auf die schroffen Felsformationen geht es nach dem
Ortsausgang mit ruppigen Anstiegen weiter, nur am Abzweig zum Passo di Gardena
vorbei wird es etwas flacher, immer nett mit kontinuierlicher Steigung. Paar
großzügige Serpentinen folgen jetzt, die Straße schlängelt sich um Höhe zu
gewinnen und bei mir macht sich die dünner werdende Luft bemerkbar:-| Da sollte
man Reserven haben! Das Gelände ist übersichtlich, so plane ich eine
Getränkepause an der ca. 1000m vor dem eigentlichen Paß gelegene Refugio Passo
Sella. Dort sitze ich nett in der Sonne draußen und genieße das
Alpenpanorama. Doch kurze Zeit später schon nehme ich die letzten
Serpentinen (im Hintergrund rechts die Paßstation) unter die
Räder.
Am Passo di Sella (2240m ***/***/**) scheint die
Gaststätte offen, nur draußen sitzen kann man nicht. Und offensichtlich ist ein
Stück vom Paß abgerutscht, jedenfalls ist die Straße baustellenartig
verschmälert abgetrennt und ein Paßschild fehlt vollkommen (abgerutscht?). Ich
ziehe mich nur warm an und mache mich im Schatten der Gruppo
di Sella - einer schroffen Felsformation wie sie typisch ist für die
Dolomiten(?) - an eine der schönsten und rasantesten Abfahrten (10 km
mit 8%):
Durch eine lichte Vegetation - sehr nett anzusehen -
geht es in vielen Serpentinen ziemlich zügig bergab ! Da
der Verkehr bei den tiefer gelegenen Ski-Stationen halt gemacht hat, gibt es
hier oben kaum Verkehr. Eine wahre Freude, diese Abfahrt zu fahren!
(Dabei lerne ich wieder den wirklich sportlichen ausgelegten Rahmen zu
schätzen: Sobald man den Anbremsvorgang einer Serpentine abgeschlossen hat,
legt sich das Gios wie von selbst in einer Ideallinie in die auch noch so steil
gefahrene Kurve!) Ab Canazei (1465m) wird die Abfahrt dann ruhiger und nach 25
km erreiche ich meinen Zielort Predazzo. (Eigentlich wollte ich ja noch den
Fedaia fahren, aber es muß sich ja auch noch mal lohnen, wiederzukommen:-)
Frühstück im Hotel Montanara gut. Bei 0-5 Grad geht es in Predazzo auf
1018m los und ich spüre die unglückliche Routeneinteilung: Nach dem
Ort geht es sofort in den Anstieg:-| Es geht gleichmäßig rauf, aber
so, daß ich mit 39-25 nicht zu schnell fahren muß. Nach 7 km erreiche
ich in 1373m Bellamonte. Bis hierher war es schon ganz nett. Nach dem
Ort schlängelt es sich durch lichten Wald, rechter Hand begleiten mich
die scheebedeckten Gipfel der Catena dei Lagorai und links gibt es
einige schroffen Felsabhänge. Es steigt immer noch gemächlich an, bis
der Stausee Lago di Forte Buso beginnt. Dieser ist fast leer und die
Böschung und den Boden bedecken dicke Eisplatten. Jetzt kann ich mich
warmfahren. Es schlängelt sich nett am See entlang bis ich Paneveggio
erreiche. Danach geht es im Wald weiter und nach dem Abzweig zum Passo
di Valles steigt es kräftig an: So wird es jetzt kontinuierlich
weitergehen bis zum Paß. Es gibt nur ein paar Serpentinen, eher
schlängelt sich die Straße am Berg hoch. Im Wald spüre ich auch die
Kälte, die dort noch drinsteckt:-| Knapp 2 km vor dem Paß verlasse
ich den Wald nachdem er etwas lichter geworden ist und nach 2-3 Serpentinen türmen sich vor mir die
schroffen und verschneiten Pale di S. Martino (bis 3192m) auf!
Davor breitet sich hier am Passo di Rolle
(1984m **/**/***) ein äußerst gut besuchtes Skigebiet
aus: Parkende Autos weit und breit und
plärrende Musik vom Skilift her. Aber das Wetter und die Sicht
entschädigen: Tolle Bergkulisse, viel Schnee und bei gut 30 Grad in
der Sonne läßt es sich aushalten:-) Nach ein paar Postkarten und einem
Cappuchino ziehe ich alles an was ich habe: Trikot kurz, Wintertrikot
lang, GoreTex-Jacke und dünne orange Fahrjacke, dazu lange Hose über
die kurze Fahrhose.
Dann geht es hinab
rechter Hand an der Flanke der Pale di S. Martino! Bis San
Martina di Castrozza (1467m) geht es auf 8 km 517m (6.5%) in vielen
Serpentinen hinab. Ab dort geht es 12 km mit 6.5% bis Siror ähnlich
schnell weiter, nur daß die Serpentinen ersetzt werden durch eine sich
am Berghang schlängelnde Straße, die sehr gut einsehbar ist und ich so
meine Bremsen schonen kann:-) Danach bis Imer geht es gemählich
bergab. Ab dort wird es aber wieder sehr interessant, da die Straße
für 16 km in einer Schlucht verschwindet: Atemberaubend steil geht es
rechts und links bergauf, mal staut eine Staumauer den Fluß Cismon
, einige Galerien und Tunnel (insgesamt ca. 3 km, davon 830m in fast
unbeleuchtetem Tunnel mit Kurve und reichlich Gefälle!). Nach dem letzten
Tunnel vor Fonzaso gelange ich in das breite Tal der Piave. Hier ist es nicht
mehr annähernd so nett und gegen einen heftigen Wind kämpfe ich mich bis
Feltre.
Dort genieße ich die Mittagspause in der höher gelegenen Altstadt in der Sonne in
einer Bar (rechts) und bekomme einige Panini. Die
Altstadt lohnt den Anstieg wirklich: Es ist ruhig, kaum Verkehr und
herrlich alte Gebäude-Ensemble! Nur ein paar Touristen
bevölkern die Szenerie. Gegen 15:00 mache ich mich auf und als ich nach Anzu in
das enge Tal 'gen Süden einbiege, bläst mir ein noch stärkerer Wind entgegen
und der Himmel verdunkelt sich:-( Ich kämpfe mich gegen den Wind bis Fener
durch, es ist diesig und wolkenverhangen. Ich befürchte einsetzenden Regen und
folge lieber der Bahnlinie auf der Hauptstraße mit Zusteigemöglichkeit in den
Zug, als auf der anderen Flußseite die kleinere Straße zu nehmen.
Der Wind läßt allerdings nach und ab Montebelluna wird es wieder heller, so
daß ich auf die kleinen Straßen ausweiche, die mich nach Venedig bringen
sollen: Es geht durch flaches Terrain durch Musano, Paese, Zero Branco und
Martellago nach Mestre. Die Landschaft ist nicht sonderlich reizvoll, so habe
ich das Tempo wieder auf um die 30 km/h gesteigert. Im letzten Ort vor Mestre
halte ich noch mal an einer dieser Bars, genehmige mir zwei kleine Gläser Vino
rosso und komme mit einigen Italienern in's Gespräch - a Monaco, tres giorno,
cinquecentum kilomitri - wovon mir auch einer seinen ciclista-Ausweis zeigen
muß:-) Durch Mestre - via san marco - geht es zur Brücke nach Venedig.
Dort komme ich mit der untergehenden Sonne auf dem Platz vor dem
Hauptbahnhof an. Ich gebe mein Rad am Gleis 14 in die
Gepäckaufbewahrung und mache mich zu Fuß auf zum Piazza San Marco, den wollte
ich dann doch noch sehen. Auf dem Weg genehmige ich mir in der Royal Bar zwei
Glas Rotwein, ... und mache auch auf dem Rückweg dort nochmal Station: Auf dem
Markusplatz ist es fast menschenleer, paar Gondoliere stehen plaudernd bei den
Gondeln, ein Pianist spielt vor leerer Cafe-Bestuhlung ..., und in der Royal
Bar gibt es nur ein paar ältere Italiener ... Zurück am Bahnhof baue ich mein
Rad auseinander und besteige den Nachtzug nach München
... und werde am nächsten Morgen auf der Fahrt vom Hauptbahnhof zur
Klenzestraße mehr naß als während der ganzen drei Tage.
Eine schöne WE-Tour, 3 x 165 km, 3 Pässe, viel Sonne und Schnee.
Von der frühen Jahreszeit sollte man sich von einer solchen Alpentour nicht
abhalten lassen.